Der Begriff “Zeitgeist”, wie ich ihn hier verwende, stammt von Arnold Mindell. Petra Mecklenburg charakterisiert Zeitgeister in ihrem Artikel Der Weg durch den Sturm nach einem gleichnamigen Buch von Mindell so:
Spirits of the time – ich würde das mit (wandelbare) kollektive Geister übersetzen, in der deutschen Übersetzung des Buches heißen sie „Zeitgeister“ – sind Archetypen, die sich zu bestimmten Zeiten durch bestimmte Menschen ausdrücken. Diese Archetypen kommen aus dem Unbewussten ans Licht, wenn wir ihnen erlauben, durch uns zu sprechen, oder wenn sie von uns Besitz ergreifen; und sie sind wandelbar, wenn wir ihnen Raum geben, sich zu entfalten und sich zu zeigen. Diese Geister sind Teil des Feldes, das die ganze Gruppe bildet und treten zunächst in sich streibar gegenüberstehenden Kontrahentenpaaren auf: Kommunisten und Kapitalisten, Realos und Fundis, Arbeiterinnen und Manager, arme Länder und reiche Länder, Täter und Opfer, Heldinnen und Schurken und so weiter.
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Im Zuge meiner Ausbildung in Prozessorientierter Psychologie habe ich nun Arnold Mindells Buch Traumkörper in Beziehungen gelesen.
Über die Beziehungen zwischen Paaren und Gruppen gelangt er darin zur Beziehung aller Menschen, ja allen Seins. Das nannte er damals noch nicht Weltarbeit (Worldwork), meint jedoch genau das. Er spricht vom “universalen Traumkörper” in Gestalt des Anthropos:
Was heute als Hologramm bezeichnet wird, stellte man sich als Götter vor, die das Universum lenkten. Es waren riesige, menschenähnliche Gestalten, welche die Mythologen als Anthroposgestalten bezeichnen. So glaubten die Hinduisten an ein großes, weises Wesen, in dem wir alle leben, das sie “Atman” nannten. Das Ziel des Lebens in vielen östlichen Religionen ist, mit diesem Wesen eins zu werden. Juden und Christen glauben, dass der Mensch nach Gottes Ebenbild geschaffen wurde.
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Heute habe ich mir den Vortrag Vom Trauma zu befreitem, erfüllendem Leben von Gunther Schmidt angesehen, dessen hypnosystemischen Ansatz ich vor kurzem entdeckt habe.
Daraus habe ich für mich vor allem herausgezogen, dass er das Opfer-Ich immer voll mit einbezieht und würdigt. Er geht sogar so weit zu sagen, dass man lebenslang würdigen soll, dass es schlimm war, in Form persönlicher Gedenkrituale. Da bin ich mit meiner Radikalität (Stichwort Makellosigkeit) wohl manches Mal übers Ziel hinaus geschossen & habe das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Explizit kritisiert er Steve de Shazers oft zitierten Satz “Problem talk creates problems, solution talk creates solutions.” Denn meist war es im System für die Opfer verboten, über ihr Leiden zu sprechen. Wenn dann ein lösungsfokussierter Therapeut ankommt und wieder nur über mögliche Lösungen, nie über die als problematisch erlebte Situation spricht, dann bestätigt er damit nur die Opfertrance.
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Beim letzten Seminar der Ausbildung in Prozessorientierter Psychologie stand Martin Buber im Mittelpunkt. Mit ihm hatte ich mich vorher noch nie beschäftigt, jetzt hat er mich gepackt. Das tut er vor allem durch seine Sprache, die einfach unglaublich ist. Ziemlich zu Beginn von Ich und Du schreibt er über einen Baum, und dieser kurze Ausschnitt hat mich schon völlig gefesselt:
Ich betrachte einen Baum. Ich kann ihn als Bild aufnehmen: starrender Pfeiler im Anprall des Lichts, oder das spritzende Gegrün von der Sanftmut des blauen Grundsilbers durchflossen. Ich kann ihn als Bewegung verspüren: das flutende Geäder am haftenden und strebenden Kern, Saugen der Wurzeln, Atmen der Blätter, unendlicher Verkehr mit Erde und Luft – und das dunkle Wachsen selber. Ich kann ihn in einer Gattung einreihen und als Exemplar beobachten, auf Bau und Lebensweise.
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Heute beginnt die vierteilige Reihe über die theoretischen Aspekte von Vipassana. Natürlich werden auch meine direkten Erfahrungen darin einfließen, in Reinform habe ich davon schon letzte Woche berichtet.
Die wichtigste Grundregel eines 10-Tage-Kurses ist die edle Stille bzw. das edle Schweigen, worunter möglichst vollständiges Einstellen jeglicher Kommunikation mit anderen Kursteilnehmern zu verstehen ist. Über das reine nicht miteinander sprechen geht es noch hinaus, auch z.B. Augenkontakt soll vermieden werden. Die strikte Trennung in Männer- & Frauenbereiche gehört dazu. Dass letzteres sehr sinnvoll ist, hat ein Freund von mir live erfahren in einem Kurs ohne diese Geschlechtertrennung: er sei einer attraktiven, vollbusigen Frau gegenüber gesessen, was ihn den ganzen Effekt des Kurses gekostet hat…
Wozu das Ganze? Vipassana findet in einer möglichst abgeschiedenen Umgebung statt, um möglichst viele Umweltreize abzuschirmen.
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Na, die Überschrift reizt zum Widerspruch, oder? Sie ist das Ergebnis eines längeren Prozesses, dessen einer Höhepunkt die Beschäftigung mit Martin Bubers dialogischem Prinzip beim letzten Seminar der Prozessarbeits-Ausbildung war. Der andere Höhepunkt war die gestrige systemische Aufstellung bei Katharina Burmeister. Als ich vorhin mit dem Fahrrad durch den lauen Frühlingsabend fuhr, wurden mir zwei Dinge klar:
Ich will in meinem Leben Meisterschaft im Umgehen mit Konflikten erlangen Aufgeben ist eine wichtige Konfliktlösungsstrategie Was sträubt sich gegen diese zweite Aussage? Es ist das Ego, oder das Kleine Ich. Das Ego ist gar nicht bereit, Aufgeben überhaupt als Strategie zum Lösen eines Konflikts zu betrachten. Denn jedes Aufgeben ist ein verkleinertes Sterben, ein kleiner Ego-Tod.
Manchmal ist allerdings Aufgeben die einzige Möglichkeit, einen Konflikt ohne Gewalt zu lösen.
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Anscheinend prägt mich mein Kriegsenkel-Dasein doch stärker als ich vermutet hatte. In den letzten Monaten, also seit dem Tod meiner Mutter, bin ich viel häufiger krank als in den Jahren davor. Dazu kommen auch immer wieder Körpersymptome, die für mich sehr fremdartig sind. In dieser Zeit habe ich auch mit meinem Wirtschaftsstudium so heftig gerungen wie nie zuvor, mit dem vorläufigen Ergebnis, es als magische Herausforderung zu betrachten. Mein Informatikstudium habe ich seinerzeit ja nach dem Vordiplom abgebrochen. Und nach der Ausbildung bin ich in der Firma nicht geblieben, sondern auf Wanderschaft gegangen.
Im Interview mit Ingrid Meyer-Legrand über Kriegsenkel in der Therapie sagt diese:
Viele stehen beruflich auf der Bremse und kommen einfach nicht in die Gänge. Oder fangen beruflich und privat immer wieder neu an.
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Der notwendige Gegenpol zum Wachsen lassen ist das Sterben lassen. Denn, wie ich bereits im Beitrag jedes Wachstum endet spätestens mit dem Tod schrieb, ist jedes Leben ein endliches Gesamtwerk. Und dieser Pol ist in unserer Kultur massiv unterbelichtet, wenn nicht sogar ausgeblendet. Für den Bereich der Wirtschaft habe ich das schon in Das Hamsterrad als mentale Infrastruktur beschrieben:
Tatsächlicher Konsum erinnert uns immer wieder daran, dass das Konsumierte danach nicht mehr vorhanden ist. Man könnte sagen, das Konsumgut stirbt durch unseren Konsum & erinnert uns damit an die eigene Sterblichkeit.
Peter Carroll verdeutlicht in Psychonautik (Liber Null Teil II), dass Leben und Tod, Wachsen und Sterben zwei Pole eines Prozesses sind:
Leben und Tod sind ein einziges Phänomen, durch das sich die Lebenskraft ständig reinkarniert.
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Ja, ihr lest richtig, dieser Beitrag ist heute mal keine Wachstumskritik. Genauer: Er ist keine pauschale Wachstumskritik. Denn was ich z.B. über das er-wachsen werden geschrieben hatte, bezieht sich auf das natürliche Wachstum eines Lebewesens. Das ist zwar einerseits irgendwann zu Ende, bis dahin wächst das Lebewesen sehr wohl, und zwar aus seinem eigenen Impuls heraus. Wir haben uns mit unseren Wachstums_zwängen_ eine Welt geschaffen, die mit allen Mitteln diese simple Tatsache zu vertuschen sucht:
Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.
Menschen tun das auch nicht, wenn man versucht, sie zu er-ziehen. Wobei “Erziehung” nicht in erster Linie dazu dient, dass sie schneller wachsen, sondern dass sie in eine bestimmte Richtung wachsen.
Ich habe gerade The Murder of Christ von Wilhelm Reich gelesen.
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Beim vorletzten Seminar meiner Ausbildung bin ich über die Arbeit mit den chronischen Körpersymptomen auf die Geste gekommen, mich zu verneigen. Das gewöhne ich mir gerade an, jeweils nach dem Aufstehen und vor dem Schlafengehen zu tun. Ich verneige mich nicht vor jemand oder etwas bestimmtem. Es geht um die Geste selbst. Sie zeigt, dass ich nicht alles allein machen muss, und dass ich nicht allein bin. In gewissem Sinne bin ich das natürlich schon. Man könnte sagen, das Kleine Ich verneigt sich vor dem Großen Ich.
Mich beschäftigt gerade sehr das Thema Erbe. Wir alle sind Erben, wir alle haben ein ganz spezifisches Erbe für unser Leben in der Welt der Erscheinungen mitbekommen. Das geht weit über die Eltern und über das Materielle hinaus.
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