Falls du in deinem Leben nur ein einziges Buch über Wirtschaft lesen willst, dann lass es Ökonomie der Verbundenheit von Charles Eisenstein sein. Auf deutsch liest es sich am besten in gedruckter Form, es gibt die einzelnen Kapitel zwar auch online, aber nicht ganz vollständig. Das englische Original verschenkt Charles Eisenstein im ePub- oder PDF-Format.
Nun aber zur Überschrift ein kleiner Appetitanreger aus Kapitel 2, wohin die Reise gehen kann:
Wirtschaftswissenschaften, so liest man auf der ersten Seite der Lehrbücher, befassen sich mit dem Verhalten von Menschen unter Knappheitsbedingungen. Die Ausweitung der Domäne von Wirtschaft ist daher eine Ausweitung von Knappheit und deren Eindringen in Lebensbereiche, die einst von Fülle gekennzeichnet waren. Wirtschaftliches Verhalten, insbesondere der Tausch von Geld gegen Waren, dringt heute in Bereiche vor, in denen nie zuvor Geld ausgetauscht wurde.
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Dieser Beitrag ist der dritte Teil zur Theorie von Vipassana und zugleich die Fortsetzung zum inneren Anarchismus. Wir kommen heute zum Kern von Vipassana, dem Auflösen der Anhaftung, und damit der Befreiung vom Leiden.
Wie ich schon zum inneren Anarchismus schrieb, ist die Selbstbefreiung ein paradoxes Unterfangen, denn sie erfordert unbedingte Selbstdisziplin. Das zeigt sich beim Vipassana sehr deutlich. Rein äußerlich begibt man sich in große Unfreiheit, unterwirft sich für 10 Tage äusserst strengen Regeln (die auch bei Panyasara gelten). Goenka spricht in einem seiner Vorträge sogar von einem Gefängnis. :)
Das liegt daran, dass wir uns in aller Regel über viele Jahre unseres Lebens selbst versklavt haben, uns selbst in das Hamsterrad als mentale Infrastruktur gesteckt haben. Dieses Hamsterrad lässt sich mit einiger Berechtigung mit der Kette des bedingten Entstehens im Buddhismus gleichsetzen.
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Auch wenn es sich aus dem Titel vielleicht nicht sofort erschliesst, ist dies der zweite Beitrag zur Theorie von Vipassana. Denn innerhalb der 10 Tage habe zumindest ich mich immer weiter verlangsamt. Es gibt ja auch überhaupt keinen Grund zur Eile, denn man macht fast den ganzen Tag immer das Gleiche: Sitzen und meditieren. Gleichzeitig wird die Wahrnehmung immer feiner. Räumlich übt man die ersten 3 1/2 Tage, sich auf den Bereich unterhalb der Nasenlöcher zu konzentrieren. Das gelingt mit der Zeit immer besser & der Bereich, auf den man sich konzentrieren kann, wird mit der Zeit kleiner. Auch zeitlich verfeinert sich die Wahrnehmung, man registriert immer kürzere Empfindungen.
Durch die feinere Zeitwahrnehmung erscheint deshalb die gleiche Bewegung langsamer. Man kann die Zeit in immer kleinere Abschnitte unterteilt wahrnehmen.
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Ich lese gerade den Beitrag von Alexandra Senfft im Nebelkinder-Buch über das immer noch weit verbreitete Leugnen der Nazi-Täter in der eigenen Familie und sehe eine Parallele. Alexandra Senfft schreibt
Die Täter waren immer die “anderen” – und hiermit beschreibe ich einen Reflex, der hierzulande sehr üblich ist.
Dazu ergänzend Barbara von Meiboms Beobachtung, dass gerade wir Deutschen unsere eigene, faktisch sehr ausgeprägte, Macht verleugnen, wie ich schon im letzten Beitrag über den “Exportweltmeister” geschrieben hatte. Im direkten Zusammenhang damit spricht Heiner Flassbeck auch vom kollektiven Leugnen der Deutschen.
Inmitten dieses Leugnens und Verdrängens spreche ich es hiermit aus:
Deutschland führt einen Exportkrieg gegen den Rest der Welt.
Und wir sollten schnellstens damit aufhören, damit nicht Waffen gegen Leib und Leben in diesem Krieg eingesetzt werden.
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Damit will ich nicht sagen, dass wir pauschal die Hauptverantwortlichen sind. Weil wir aber die Augen verschließen vor den Folgen des über Jahre hinweg gigantischen Leistungsbilanzüberschusses gerade auch innerhalb der EU, verschlimmern wir die europäische Krise massiv. Deshalb kann ich nur noch mal auf Heiner Flassbecks Artikel Eurokrise: Das kollektive Leugnen der Deutschen oder die Angst vor der Wahrheit hinweisen und darauf, dass wir hier auch eine Guthabenkrise vorliegen haben. Darunter liegt der, nicht nur in Deutschland weit verbreitete, Glaube, dass Schulden etwas Böses oder Schlechtes sind und _Gut_haben etwas Gutes (wie schon in dem Wort steckt). Dabei sind das zwei Seiten ein und derselben Münze. Des einen Schulden sind des anderen Guthaben. Wir können das eine nicht ohne das andere haben.
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Heute mal wieder ein Beitrag der Kategorie “saldenmechanische Binsenweisheiten”: Es klagen ja (fast) alle über die bösen, ausufernden “Schuldenberge”. Gleichzeitig wünschen sich die meisten dieser gleichen Leute Wirtschaftswachstum. Es soll uns und unseren Kindern ja später mal besser gehen als heute. In aller Regel umfasst dieses “besser gehen” auch größere Privatvermögen (“Ersparnisse”). Und da liegt nun der Hund begraben: Da die Schulden der einen Marktteilnehmer in einer Volkswirtschaft genau den Vermögen der anderen entsprechen (oder in der Sprache des Rechnungswesen die Summe der Verbindlichkeiten der Summe der Forderungen, was wiederum Bestandteile der jeweiligen Geldvermögen sind), müssen zwangsläufig bei irgendwem zusätzliche Schulden auflaufen, wenn mein Vermögen wachsen soll. Die einzige Art, Wirtschaftswachstum zu erzeugen ohne zusätzliche Neuverschuldung, sind Lohn- und Gehaltserhöhungen genau entsprechend des Produktivitätszuwachses, die vollständig verkonsumiert werden (sollte ich eine andere Möglichkeit übersehen haben, dann meldet euch, ich weiss im Moment von keiner).
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Über das Sterben lassen bin ich wieder bei Silvio Gesell und seinem Freigeld gelandet. Denn sein Ausgangspunkt ist ja, dass das Geld in unserem Geldsystem quasi unsterblich ist. Nun könnte man zwar einwenden, dass es das durch die Geldschöpfung als Schuldverhältnis gerade nicht ist, weil es im Augenblick der Tilgung wieder verschwindet, also “stirbt”. Das ist aber bei einem Giro- oder Sparkonto nicht der Fall. Die dort gehorteten Guthaben haben kein Verfallsdatum, sondern sind auf die Ewigkeit angelegt. Gleiches gilt für Fonds aller Art, deren zugrundeliegende Investments zwar oft befristet sind, der Fonds selbst aber wieder kein Verfallsdatum hat. Ebenso sind Aktien prinzipiell unsterblich, es sei denn, das Unternehmen geht pleite. Und das Bargeld ist dadurch unsterblich, dass man physisch beschädigte Scheine bei der Zentralbank jederzeit und unbegrenzt umtauschen kann.
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Der notwendige Gegenpol zum Wachsen lassen ist das Sterben lassen. Denn, wie ich bereits im Beitrag jedes Wachstum endet spätestens mit dem Tod schrieb, ist jedes Leben ein endliches Gesamtwerk. Und dieser Pol ist in unserer Kultur massiv unterbelichtet, wenn nicht sogar ausgeblendet. Für den Bereich der Wirtschaft habe ich das schon in Das Hamsterrad als mentale Infrastruktur beschrieben:
Tatsächlicher Konsum erinnert uns immer wieder daran, dass das Konsumierte danach nicht mehr vorhanden ist. Man könnte sagen, das Konsumgut stirbt durch unseren Konsum & erinnert uns damit an die eigene Sterblichkeit.
Peter Carroll verdeutlicht in Psychonautik (Liber Null Teil II), dass Leben und Tod, Wachsen und Sterben zwei Pole eines Prozesses sind:
Leben und Tod sind ein einziges Phänomen, durch das sich die Lebenskraft ständig reinkarniert.
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Ja, ihr lest richtig, dieser Beitrag ist heute mal keine Wachstumskritik. Genauer: Er ist keine pauschale Wachstumskritik. Denn was ich z.B. über das er-wachsen werden geschrieben hatte, bezieht sich auf das natürliche Wachstum eines Lebewesens. Das ist zwar einerseits irgendwann zu Ende, bis dahin wächst das Lebewesen sehr wohl, und zwar aus seinem eigenen Impuls heraus.
Wir haben uns mit unseren Wachstumszwängen eine Welt geschaffen, die mit allen Mitteln diese simple Tatsache zu vertuschen sucht:
Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.
Menschen tun das auch nicht, wenn man versucht, sie zu er-ziehen. Wobei “Erziehung” nicht in erster Linie dazu dient, dass sie schneller wachsen, sondern dass sie in eine bestimmte Richtung wachsen.
Ich habe gerade The Murder of Christ von Wilhelm Reich gelesen.
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Beim Mittagessen im Konzeptwerk Neue Ökonomie bekam ich den Hinweis auf Harald Welzer und dessen Konzept von Mentalen Infrastrukturen. Der Untertitel “Wie das Wachstum in die Welt und in die Seelen kam” sagt, wohin die Reise geht.
Sein Aufsatz ist eine so hervorragende Ergänzung zu meinen Hamsterrad-Überlegungen, dass ich hier ein paar Auszüge daraus wiedergebe, zunächst aus dem Vorwort:
Das Wachstum als Wille und Vorstellung herrsche nicht nur in Konzernzentralen, an Börsen oder in Ministerien, argumentiert der Autor, sondern auch in unseren Köpfen. Die materiellen Güter dienten längst nicht mehr alleine den elementaren Bedürfnissen wie Nahrung, Wohnen, Gesundheit, Bildung und Vitalität. Materielle Güter sagten auch etwas aus über den sozialen Status und über Beziehungen, über kulturelle Vorlieben. Tatsächlich prägen sie Zugehörigkeit und Identität.
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