Saldenmechanik und Guthabenkrise
Alle Welt redet von der Schuldenkrise, dabei haben wir natürlich spiegelbildlich auch eine Guthabenkrise, was aber fast niemand sehen will. Aus volkswirtschaftlicher Sicht stellen sich nämlich viele Sachverhalte ganz anders dar als aus der betriebswirtschaftlichen Einzelsicht. Die volkswirtschaftliche Saldenmechanik von Wolfgang Stützel befasst sich im Wesentlichen mit der Anwendung buchhalterischer Grundsätze auf die Volkswirtschaft. Zu jeder Buchung gibt es eine Gegenbuchung; des einen Schulden sind des anderen Vermögen, und umgekehrt.
Wiederum über die Geldsystempiraten habe ich mich nun ausgiebig mit der Saldenmechanik befasst. Als Einstieg dient dabei Jörg Buschbecks Video im Vorfeld des Mumble-Grillfestes.
Über Schattenarbeit hatte ich ja letztens schon im Zusammenhang mit den Geheimdiensten geschrieben.
Sein Konzept der Monetative hatte ich im Beitrag über das Vollgeld als brauchbare Alternative kurz angedeutet, heute gibt’s die Einzelheiten. Die Mumble-Podiumsdiskussion bei den Geldsystempiraten geht über 2 Stunden, lohnt sich aber genau so wie der Mumble-Mitschnitt zum Zins. Meine Lieblingsformulierung ist die von den Geldsystempiraten als “Breitband-Anti-Idiotikum”. :-D
Auch ein Grundeinkommen gehört zu seinem Konzept der Monetative. Aber der entscheidende Punkt, der einem in der westlichen Welt sozialisierten Menschen wohl am stärksten widerstrebt: Sparzinsen werden komplett abgeschafft. “Geld anlegen” lohnt sich daher überhaupt nicht mehr, investieren (in die Realwirtschaft!) hingegen sehr wohl. Das Verdienst von Wolfgang Stützel & nun auch Jörg Buschbeck ist es, dass sie auf Sparen als Problem hinweisen, wo alle anderen das Sparen immer nur in den höchsten Tönen loben. Umgekehrt ist die ach so böse Staatsverschuldung gar nicht schlimm, sondern im Gegenteil der Garant der privaten Vermögen. Das Problem des Zinseszinses wäre mit der Buschbeckschen Monetative automatisch auch aus der Welt.
China demonstriert übrigens sehr gut, dass die Staatsschulden exakt in dem Maße steigen wie die privaten Vermögen, und außerdem dass Schulden auch quasi “exportiert” werden können, denn China hat zur Zeit eine Sparquote von 50% des BIP. Das führt zu einem extrem hohen Leistungsbilanzüberschuss, was nichts anderes heißt als dass sich der Rest der Welt bei den Chinesen verschuldet. Die chinesische Regierung steuert nun aber durch Ankurbelung der Binnennachfrage massiv gegen - etwas, das Deutschland auch mal gut täte.
Weitere gute Infoseiten zur Saldenmechanik sind die von Wolfgang Waldner sowie Klaus Wicherts Seite pinkepinke. Sehr praktisch zum Weitersagen ist die Saldenmechanik to go auf einer Seite. Klaus Wichert bloggt auch unter der gleichen Überschrift.
Außerhalb des Internet scheint die Saldenmechanik selbst in Deutschland kaum bekannt zu sein, immerhin erwähnt die Zeit sie lobend in einem Online-Artikel. Auch unter Wirtschafts"wissenschaftlern" werden die trivial-arithmetischen Zusammenhänge aus der doppelten Buchführung wohl weitgehend ignoriert.