Trauma: Der Motor des Kapitalismus?
Samstag vor einer Woche war ich mal wieder als Stellvertreter beim Aufstellungstag bei Katharina Burmeister. Dabei ergab es sich, dass ich in einer Traumaaufstellung der Überlebens-Anteil war und spürte, wie anstrengend diese Rolle ist. Man muss ständig wachsam sein und steht eigentlich dauernd unter Strom. Bei einer zweiten Trauma-Aufstellung berichtete die Stellvertreterin des Überlebensanteils auch, dass sie es sehr genoss, sich endlich mal ausruhen zu können.
Da machte es in der Pause Klick bei mir. Der Überlebens-Anteil tut, wie sein Name schon sagt, alles für das Überleben des Menschen, dessen Teil er ist. Zu der Zeit, als die Person ihr Trauma erlebt hat, war das auch sehr sinnvoll. Nur richtet sich der Überlebensanteil eben dauerhaft als der Herr im Hause ein und tut weiter alles fürs Überleben, selbst wenn das längst wieder gesichert ist.
Und wer kann so ein Verhalten ganz besonders gebrauchen? Richtig! Das Hamsterrad Kapitalismus. Dieser braucht sich dann nämlich gar nicht mehr so ausgefeilt als Karriereleiter tarnen, solange der Überlebensanteil glaubt, außerhalb des Hamsterrades lauern Verderben und Tod. Und das glaubt er natürlich, dafür ist er da.
Will sagen, das kapitalistische System profitiert davon und hat daher ein Interesse daran, dass Menschen traumatisiert werden. Denn die funktionieren dann besonders angestrengt im Hamsterrad.
Als Ersatz für Traumatisierung taugen auch Upper wie Koffein, Kokain, Nikotin oder Crystal Meth. Die Nebenwirkungen von all dem nimmt das kapitalistische System billigend in Kauf. Hauptsache der Rubel rollt, und zwar immer schneller.
Noch weiter gedacht ist damit ernsthafte, wirkungsvolle Traumatherapie systemgefährdend.
Und da der Kapitalismus als Komplizen unbedingt auch den Staat braucht, erstaunt es nicht, dass Heiko Cochius Kindheitstrauma als Ursache für Staatsgläubigkeit ausmacht. Allerdings sind die Anarchokapitalisten bzw. Voluntaristen der Auffassung, Kapitalismus ohne Staat sei nicht nur möglich, sondern sogar erstrebenswert. Das sehe ich bekanntermaßen anders. Heikos Vortrag ist jedenfalls super, er erklärt das Phänomen Trauma mit für jeden verständlichen Worten und absolut logisch. Anschauen! Daran anschließend wurde auch eine Reihe von Fragen und Antworten aufgenommen.
Der Vortrag funktioniert zu 100% genau so, wenn man jedes Vorkommen des Wortes “Staat” durch “Arbeitgeber” ersetzt (“Krieg” dann entsprechend durch “Wirtschaftskrieg” oder “Konkurrenz”). Oder um mal wieder das Känguru zu zitieren: “Ich arbeite gern für meinen Konzern.”
Und um mal die Voluntaristen etwas zu provozieren: Könnte es sein, dass “mein Eigentum” auch so etwas ist, zu dem sich der traumatisierte Anteil im Bindungssystem zurückzieht und dabei das (kritische) Denken ausschaltet? Weil man als Kind traumatisiert wurde, weil einem etwas weggenommen wurde, das einem emotional lebenswichtig erschien?
Update: Gerade festgestellt, dass es hier in Leipzig die Seite Dissoziation und Trauma gibt mit haufenweise Informationen zum Thema.