Erst die Konkurrenz abschaffen, dann das Gegenleistungsprinzip und am Ende das Geld
Heute habe ich in No Contest - The Case Against Competition weitergelesen und bin dadurch einen guten Schritt weiter gekommen. Schon lange frage ich mich ja, wie wir den Paradigmenwechsel vom Mangel zur Fülle konkret praktisch angehen können. Folgende Reihenfolge erscheint mir logisch & sinnvoll:
- Das Prinzip der Konkurrenz hinter uns lassen
- Sodann Abschied nehmen von dem Prinzip, für eine Leistung eine Gegenleistung zu erwarten
- Schlussendlich dann das Geld insgesamt abschaffen
Geld ist nichts anderes, als überhaupt Leistungen zu verrechnen, in welcher Form auch immer. Daher ergibt es erst Sinn, das Geld abzuschaffen, wenn wir uns vom genannten Do ut des-Prinzip verabschiedet haben. Dieses können wir allerdings erst hinter uns lassen, wenn wir nicht mehr um Geld und Ressourcen konkurrieren. Denn in einem Konkurrenzverhältnis ist es das einzig Vernünftige, für eine Leistung eine mindestens gleich-wertige Gegenleistung zu erwarten, sonst stellt mensch sich ja schlechter gegenüber der Konkurrenz.
Fangen wir also mit Punkt 1 an und verabschieden uns von der Konkurrenz. Auch das geht natürlich nicht von heute auf morgen. Damit ein Schuh draus wird, braucht es aus meiner Sicht (mindestens) drei parallele Maßnahmen:
- ein Bedingungsloses Grundeinkommen, das die Konkurrenz um Geldeinkommen aufhebt bzw. auf die Ebene eines reinen Spiels hebt
- Neben den vorherrschenden konkurrenzbasierten Spielen schon im Kindergarten mit den Kindern gezielt auch kooperative Spiele spielen, damit sie beide Möglichkeiten überhaupt kennen lernen
- Zensuren in Schule und Hochschule abschaffen und durch kooperatives Lernen ersetzen
Zu dem Problem, dass alle gängigen BGE-Modelle das Grundeinkommen durch Umverteilen bestehender Vermögen & Einkommen realisieren wollen, ist mir die glorreiche Idee gekommen, dass wir ja einfach ein Grundeinkommen per Geldschöpfung auszahlen können. Dann muss nichts umverteilt werden, denn es wird ja neues Geld für das Grundeinkommen erzeugt. Das könnte z.B. in Form von Taxos sein. Der direkte logische nächste Schritt wäre dann das Informationsgeld, in dem das Prinzip von Leistung und äquivalenter Gegenleistung schon aufgehoben ist. Zu den Zensuren verweise ich auf meine Ausführungen zu dem Film “Alphabet”, namentlich dass die Herausforderungen unserer Zeit eh nicht von einem einzelnen Menschen bewältigt werden können. Unser Schul- und Hochschulsystem ist hochgradig anachronistisch und der komplexen menschlichen Gesellschaft schon lange nicht mehr angemessen. Eine auch für mich noch offene Frage ist, wie wir dennoch den einzelnen SchülerInnen rückmelden, wie sich ihre individuellen Leistungen entwickeln. Denn das Bedürfnis, sich an eigenen Leistungen zu messen, besteht ja weiterhin und ist auch sinnvoll.
Damit sich gesellschaftlich überhaupt etwas ändert, muss sich sowohl das Denken der Menschen ändern als auch ihr Handeln, ihre Praxis. Würden wir nur gesellschaftliche Regeln ändern, während alle immer noch das gleiche denken, dann würden die Menschen die gesellschaftliche Praxis durch die Hintertür wieder an ihr Denken anpassen. Aber auch geändertes Denken braucht anderes Handeln, in dem es sich äußert, sonst bleibt es wirkungslos und wird sogar durch die tägliche Praxis wieder zurückgedrängt. Einen solchen performativen Akt beschreibt Brodbeck anhand der Geldverwendung: Indem wir das Geld verwenden – darin rechnen, kaufen und verkaufen, es horten oder sparen –, haben wir uno actu (im selben Akt) auch Geld als Geld anerkannt.