Soeben habe ich, mit 37 Jahren, das zweite Mal den Steppenwolf von Hermann Hesse gelesen. Beim ersten Mal war ich 14. Alle meine Freunde und anderen Leute aus meinem Jahrgang waren damals mit völlig anderen Dingen beschäftigt.
Im Rückblick stelle ich fest, dass dieses Buch alle wesentlichen Motive meines bisherigen Lebens enthält. Es hat mich damals beim ersten Lesen tief beeindruckt, und das aus guten Gründen.
Angefangen mit der christlichen Erziehung des Harry Haller:
Was die anderen, was die Umwelt betraf, so machte er beständig die heldenhaftesten und ernstesten Versuche, sie zu lieben, ihnen gerecht zu werden, ihnen nicht weh zu tun, denn das “Liebe deinen Nächsten” war ihm ebenso tief eingebläut wie das Hassen seiner selbst, und so war sein ganzes Leben ein Beispiel dafür, daß ohne Liebe zu sich selbst auch die Nächstenliebe unmöglich ist, daß der Selbsthaß genau dasselbe ist und am Ende genau dieselbe grausige Isoliertheit und Verzweiflung erzeugt wie der grelle Egoismus.
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Nichts ist zu banal, als dass man nicht daraus lernen könnte. Ich bin seit Jahren Fan der Icebreaker-Unterwäsche aus Merinowolle. Die wasche ich immer von Hand, was ich gerade wieder getan habe. Dabei habe ich dieses Mal über Reinheit und Unreinheit nachgedacht. Tantra will diesen Gegensatz transzendieren, wie Frank in Was ist Tantra? schreibt:
Da alle Dinge und Wesen Formen manifestierten unlimitierten Bewusstseins sind, ist jeder Aspekt des Lebens, jede Erfahrung, die wir machen können, gleichermaßen “rein”, bzw. jenseits von “Reinheit” und “Unreinheit”.
Dennoch waschen auch Tantriker ihre schmutzige Wäsche und reinigen ihre Körper, bevor sie sich vereinigen (und auch sonst). Warum tun sie das, wenn es doch den Gegensatz eigentlich gar nicht gibt? Ich würde sagen, sie erkennen einfach die unterschiedlichen Ebenen der Wirklichkeit an.
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Auch weil ich am Dienstag beim Integralen Salon in Leipzig die Prozessorientierte Psychologie vorstellen werde, befasse ich mich gerade wieder intensiv mit Worldwork. Dabei gibt es das Konzept der Geisterrollen:
das sind in der Atmosphäre der Gruppe vorhandene Rollen, die aber im Augenblick von keiner Person in der Gruppe tatsächlich vertreten werden.
Solche Geisterrollen drücken sich oft in der Stimmung, der Atmosphäre einer Gruppe aus. Es “steht etwas im Raum”, das nicht direkt greifbar, aber doch irgendwie wahrnehmbar ist, manchmal nur von einem Teil der Gruppe. Die Arbeit im Gefängnis, die Max Schupbach in seiner Worldwork-Broschüre beschreibt, illustriert das sehr gut:
Insassen (bestimmt): „Die Wärter hassen uns, sie machen uns das Leben so schwer wie möglich. Sie halten uns für den Abschaum der Menschheit und scheißen auf uns, wann immer sie können.
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Am Donnerstag war ich nun das dritte Mal floaten im Tank in der Gottschedstraße. Mit diesem Beitrag habe ich übrigens ein Tag Floating im Blog eingeführt, denn auch das dritte war ganz bestimmt nicht das letzte Mal. Ich habe mich dieses Mal nach dem Floaten massieren lassen, was mir sehr gut tat. Nachdem der Körper schon tiefenentspannt war, ging auch die Massage tiefer, als es von sich aus möglich gewesen wäre. Das aber mehr nebenbei.
Am eigentlichen Floaten hat mich nämlich eine Erkenntnis stark beeindruckt & sogar ein bisschen erschüttert. Zunächst bemerkte ich, dass auch die Bilder, die mit geschlossenen Augen im dunklen Tank auftauchten, vor mir erschienen. Eine ganze Weile lang habe ich versucht, auch hinter, über und unter mir zu “sehen”, was mir aber nicht gelang.
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Dieser ausführliche Artikel eines ehemaligen Asylrichters beinhaltet in meinen Augen die gesamte Breite und Tiefe dessen, was wir unter der Bezeichnung “Flüchtlingswelle” derzeit erleben:
Vorboten einer neuzeitlichen Völkerwanderung
Nur ein paar kurze Ausschnitte:
Was wir derzeit in TV-Bildern sehen, sind Flüchtlingsströme von Arm nach Reich und solche aus Kriegsgebieten in vermeintlich sichere Zufluchtsorte. Wir, die alteingesessenen Bewohner der wohlhabenden und befriedeten Länder Europas, müssen diese Entwicklung nicht schön finden. Doch darauf kommt es überhaupt nicht an. Denn niemand fragt uns nach unserer Meinung. Die Elenden und Verzweifelten dieser Welt machen sich einfach auf den Weg.
All denen, die über Neuankömmlinge die Nase rümpfen und „den ganzen Haufen“ postwendend zurückschicken wollen, sei angeraten, sich in einer ruhigen Stunde zu überlegen, was sich in unserem Land verändern müsste, damit sie sich selbst zu einer hochriskanten Reise ins Ungewisse entschließen.
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Beim Nachdenken über das, was Charles Eisenstein im Kapitel 21 Arbeit im Geist des Schenkens schreibt, ging mir auf, dass Menschen neben der Opfertrance auch in eine Schöpfertrance fallen können. Diese besteht darin, zu glauben, das, was durch mich gekommen ist, sei “mein Werk, meine Schöpfung”. Dabei sagen ja schon die Worte im Deutschen aus, dass Schöpfer etwas aus dem großen Ozean der Möglichkeiten schöpfen, was dort schon vorhanden ist. Mit welchem Recht kann ich also behaupten, das sei “mein Werk”?
Eisenstein schreibt dazu:
Wir werden zum Instrument dessen, was wir schaffen. Sei es eine materielle, menschliche oder soziale Schöpfung, wir stellen uns in den bescheidenen Dienst an etwas, das schon existierte, sich aber noch nicht manifestiert hat. Daher hat der Künstler Ehrfurcht vor seiner eigenen Schöpfung.
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Hinweis vom 11.08.: Weil das “bremsen” und “beschleunigen” als aktive Zwänge missverstanden wurden, ziehe ich den Schlusssatz an den Anfang vor. Wir müssen das innere Wachstum dafür gar nicht extra “anschieben”, auch wenn die Überschrift danach klingt, es geschieht ganz von selbst, wenn wir unsere Aufmerksamkeit darauf lenken. Gleichzeitig verlagern wir dadurch die Aufmerksamkeit vom äußeren Wachstum weg. Das geht ganz ohne Zwangsmaßnahmen, die ich bekanntlich ablehne.
Beim Lesen des Buches Ganzheitlich handeln habe ich festgestellt, dass ich mit Ken Wilber einen prominenten Fürsprecher dieses Grundsatzes habe:
Deshalb plädiere ich dafür, unsere Ressourcen verstärkt in unsere eigene Weiterentwicklung als Menschen zu stecken und weniger in die Weiterentwicklung von Technologien, die uns selbst ersetzen sollen.
Den habe ich in meinem Shadowrun-Beitrag formuliert & im Beitrag zum Unabomber-Manifest wiederholt.
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Durch eine Diskussion auf Facebook ist mir bewusst geworden, dass Misstrauen ein zentraler Bestandteil der Geschichte vom eigenständigen und getrennten Selbst ist, von der Charles Eisenstein immer wieder spricht. Erzähle ich nun jemandem, der in dieser Geschichte lebt, die Geschichte vom Selbst in Verbundenheit, dann wird das das Misstrauen als erste Reaktion noch verstärken. Ich erscheine mindestens naiv, wenn ich nicht sogar heimtückisch den anderen übervorteilen will, indem ich ihn zu Großzügigkeit überrede und dann einfach abzocke. Mein ganzes Blog handelt ja davon, dass ich ausgezogen bin, zuerst Vertrauen zu lernen und später dann zu üben. Das war ein langer weiter Weg für mich. Es wäre daher wohl wirklich naiv, von anderen zu erwarten, dass sie das mit einem Fingerschnippen schaffen.
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Ich lerne immer wieder dazu. Da ich mich explizit als einen Lernenden definiere, wäre es daher auch Grund zur Beunruhigung, wenn ich mal längere Zeit nichts lerne. :) In mehreren integralen Facebook-Gruppen lerne ich immer mehr über die integrale Theorie und Praxis. Aktuell lese ich sowohl Susanne Cook-Greuters Text über die neun Stufen des zunehmenden Erfassens (siehe dort) als auch Ken Wilbers Buch Ganzheitlich handeln. Darin wird mir erst so richtig klar, was es mit dem Integralen Denken und Handeln wirklich auf sich hat, dass das eben keine Spielerei für ein paar Auserwählte ist:
Ich glaube, dass die wirklich notwendigen Revolutionen, die in der Welt von heute anstehen, nicht ein glorreicher kollektiver Sprung in transpersonale Domänen, sondern die einfachen fundamentalen Veränderungen sind, die in den magischen, mythischen und rationalen Wellen der Existenz erreicht werden können.
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In diesem Satz steckt unheimlich viel, darunter eine Menge Sprengstoff. Auch in Debatten um die Griechenlandkrise fällt er immer wieder. Deshalb nimmt in diesem Beitrag David Graeber eine zentrale Stellung ein, den ich bisher hier im Blog nur gestreift hatte. Mit dem Buch Schulden: Die ersten 5000 Jahre hat er einen wirklich dicken Schinken zum Thema geschrieben. Von Ökonomen wird oft kritisiert, dass er Schulden auch stark unter moralischen Gesichtspunkten analysiert. Dass der obige Satz so häufig fällt, gibt ihm Recht, die Ökonomen haben da einen blinden Fleck. Immerhin steckt schon im Wort Schulden die (auch moralische) Schuld. Und spätestens die Gläubiger als Gegenpol führen mitten in die Religion hinein.
In einem Interview zu seinem Buch geht er, wie auch in der Einleitung des Buches, auf diesen Satz ein:
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