KI, Machine Learning – alles nur Hype
Diesen Satz aus dem Artikel Forget privacy: you’re terrible at targeting anyway muss ich einfach zitieren, weil er den Hype um KI (Künstliche Intelligenz) und Machine Learning (ML) auf den Punkt bringt:
This is, by the way, the dirty secret of the machine learning movement: almost everything produced by ML could have been produced, more cheaply, using a very dumb heuristic you coded up by hand, because mostly the ML is trained by feeding it examples of what humans did while following a very dumb heuristic.
Und ich übersetze ihn für euch auch ins Deutsche:
Das ist übrigens das schmutzige Geheimnis der Machine Learning-Bewegung: Fast alles, was ML produziert, hätte auch billiger produziert werden können mit einer sehr dummen, von Hand programmierten Heuristik, weil das ML im Wesentlichen dadurch trainiert wird, dass man es mit Beispielen von Menschen füttert, die ihrerseits einer sehr dummen Heuristik folgen.
Später relativiert er das und sagt, dass es schon einige Bereiche gibt, wo Machine Learning besser funktioniert als traditionelle Algorithmen – aber eben nur relativ wenige Bereiche:
Side note: there really are some excellent uses of ML out there, for things traditional algorithms are bad at, like image processing or winning at strategy games. That’s wonderful, but chances are good that your pet ML application is an expensive replacement for a dumb heuristic.
Davon abgesehen handelt der Artikel davon, dass “personalisierte Werbung” (Targeted Advertising) schlicht und ergreifend nicht funktioniert. Mit anderen Worten: Onlinemarketing ist eine Religion, keine Wissenschaft. ;-)
Vergleiche zum Online-Marketing auch Werbung ist ungesund – für den Computer und Ein tiefer Blick in die Onlinemarketing-Schlangenhöhle.
Und in dem Artikel habe ich ein neues Wort gelernt: Satisficing.
Nachtrag vom 14.02.: Auch mit der Bilderkennung ist es offenbar doch (noch) nicht so weit her – Object-recognition AI – the dumb program’s idea of a smart program: How neural nets are really just looking at textures.
Nachtrag vom 15.02.: Derweil in den USA: KI schickt Menschen fälschlich ins Gefängnis.
Weiterer Nachtrag vom 15.02.: xkcd: Machine Learning.
Nachtrag vom 08.03.: Hihi – Künstliche Intelligenz: Europas “KI-Startups” fast zur Hälfte ohne Bezug zu KI ;-)
Weiterer Nachtrag vom 08.03.: Es ist ein Hype mit sehr viel Geld dahinter – Missing Link: KI – die Künstlichen Idioten des digitalen Kapitalismus:
Bereits im September 2016 gründeten wichtige digitale Unternehmen eine Allianz, um ihre Forschungsprojekte im Bereich Künstliche Intelligenz zu bündeln. Bei der “Partnership on Artificial Intelligence” sind neben der Google-Holding Alphabet (über die Tochterfirma DeepMind) noch Amazon, Facebook, IBM und Microsoft mit von der Partie. Die Großen der KI sind also dieselben Unternehmen, die auch die digitale Plattformökonomie beherrschen. Neben den genannten sind noch Apple, Tesla oder der Chip-Hersteller Nvidia zu erwähnen – nicht zu vergessen: ihre chinesischen Pendants Alibaba, Tencent und Baidu.
Und weiter:
War der industrielle Kapitalismus gekennzeichnet durch die Extraktion von Rohstoffen und die Ausbeutung lebendiger Arbeit mit dem Ziel, massenhaft Produkte für den Verkauf am Markt herzustellen, verschiebt sich dieser Fokus nunmehr. Die Extraktion von Daten und die Ausbeutung neuer Arbeitsformen, in erster Linie der User selbst, sind ins Zentrum der ökonomischen Aktivität geraten. Die führenden Digitalkonzerne – Amazon, Alphabet, Apple, Facebook und Microsoft – sind zu den mächtigsten Unternehmen der Welt geworden. Sie haben nicht nur wirtschaftliche, sondern auch beispiellose politische und gesellschaftliche Macht errungen.
Vielleicht also doch mehr als nur Hype…
Und wenn es weiter unten im Artikel heisst
Maschinen können nicht denken, aber sie können Prognosen treffen, und das ist für das Kapital interessant. Auch die drei kanadischen Autoren des gerade erschienenen Buches “Prediction Machines” betonen, die derzeitige Welle an KI-Anwendungen keine Intelligenz bringt, sondern eine entscheidende Komponente derselben: Vorhersagefähigkeit.
muss ich doch gleich an den homo oeconomicus der neoklassischen Wirtschaftstheorie denken. Denn der ist tatsächlich vorhersagbar, weil er über keinen freien Willen verfügt. Die viel beschworene Vorhersagefähigkeit der KI scheint mir in erster Linie eine selbsterfüllende Prophezeiung zu sein – weil die Menschen zunehmend glauben, ihr Verhalten sei (durch KI) vorhersagbar, verhalten sie sich zunehmend vorhersagbarer.
Und der heise-Kommentar schliesst sich nahtlos an meinen alten Beitrag Surveillance has been hijacked by capitalism an.
Dieser Satz enthält leider viel Wahrheit:
Der Digitale Kapitalismus hat einen neuen Gesellschaftsvertrag etabliert: Daten gegen Bequemlichkeit.
Nachtrag vom 15.03.: Jetzt stellt sich mir die Frage, wer treibt da eigentlich wen voran, die Künstliche Intelligenz das Geld oder doch eher Das Geld die Künstliche Intelligenz?