Die Blockchain lockt euch mit ihrem Versprechen von Anonymität in eine Falle
Offenbar bin ich gerade in Debunking-Stimmung. Nach dem Thema Geldschöpfung wende ich mich als nächstes der Blockchain und den Kryptowährungen zu, die hier im Blog auch schon mehrfach Thema waren.
Liebe Libertäre und Anarchokapitalistinnen, ihr müsst jetzt sehr tapfer sein: Die Blockchain- und Kryptowährungs-Industrie verarscht euch nach Strich und Faden. Sie versprechen euch nämlich, die Transaktionen in einer Blockchain seien anonym.
Grundsätzlich stimmt das zwar; in der Blockchain selber sind deine Transaktionen beispielsweise bei Bitcoin nur durch eine Bitcoin-Adresse gekennzeichnet, die z.B. so aussehen kann: 3GL1MMJvw99DbrzoPQYhu7H5Zv2S8ykvPy
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Nun kommt das große Aber: Sobald du deine Bitcoins oder sonstigen Kryptowährungen benutzt, um damit etwas zu kaufen, entsteht ein Risiko, dass deine Bitcoin-Adresse mit deiner Identität verknüpft wird. Denn was du kaufst, muss ja irgendwie zu dir kommen, nachdem deine Bitcoins zur Verkäuferin übertragen wurden.
Und jetzt kommt’s: Sobald deine bisher anonyme Adresse in der Blockchain von wem auch immer deanonymisiert wurde, sind auf einen Schlag alle deine Transaktionen öffentlich. Denn genau so funktioniert ja eine Blockchain – neue Transaktionen werden an die Kette aller bisherigen Transaktionen angehängt.
Geht noch weiter: Wenn du dir nun denkst, dann achte ich eben ganz besonders gründlich darauf, dass meine Adresse nicht mit meiner Identität verknüpft wird, hast du immer noch nicht gewonnen. Denn sobald eine größere Akteurin in der Blockchain deanonymisiert wurde, kann sich alle Welt mit Big Data-Methoden auf die Blockchain stürzen und deren Transaktionen analysieren. Mit hoher Wahrscheinlichkeit kommen dabei weitere Identitäten von Blockchain-Adressen zum Vorschein, und je mehr bekannt sind, um so leichter wird es, den Rest auch noch zu deanonymisieren.
Ihr könnt darauf wetten, dass NSA & Co. dafür eine eigene Abteilung haben.
Und ich erinnere noch mal an meinen Beitrag Die Blockchain als verteilter Big Brother.
Nachtrag vom 09.02.: Heute habe ich noch mal alle meine Blockchain-Kritikpunkte zusammengefasst und meine Alternative dazu genannt.
Nachtrag vom 11.06.: Ganz stimmt das oben Gesagte nicht – es ist, mit (über- ?) proportional zum Ergebnis steigendem Aufwand, möglich, weitestgehend anonym zu bleiben. Einen Überblick gibt der Artikel How To Use Bitcoin Anonymously (das gilt ähnlich auch für andere Kryptowährungen). Inzwischen gibt es sogar, analog zu Mix-Kaskaden für E-Mail oder im Tor-Netzwerk, Bitcoin-Mixer. Ich zitiere aus letzterem Artikel:
Die Entstehung immer neuer Firmen, die Bitcoin-Transaktionen analysieren und auswerten hat uns große Sorge bereitet.
Das sind die oben genannten Big Data-Analysen von Blockchains.
Für solche Mixer gilt das Gleiche wie für alle anderen Mix-Kaskaden: Ich muss letzten Endes deren Betreiberinnen vertrauen, dass sie nicht die NSA sind. Und mit genügend Rechenpower werden auch die Analysen immer besser; es ist ein ständiges Wettrüsten.
Und wer weiss, welche Kryptobörsen in Wirklichkeit von Geheimdiensten betrieben werden?