Schlagwort: Öko-Effektivität
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Stolzer Mieter eines Kopfhörers
Die Überschrift spielt auf eine aktuelle Werbekampagne der Grover Group an. Bei denen heißt es z.B. “Stolzer Mieter eines Laptops” oder “Stolzer Mieter eines Tablets”. Grover? Who the fuck is Grover? Von denen hatte ich bisher noch nie gehört – der verlinkte Wikipedia-Artikel gibt Auskunft:
Die Grover Group (kurz: Grover) ist ein deutsches Unternehmen mit Sitz in Berlin, das über eine Online-Plattform Elektronikgeräte vermietet. Grover kauft Geräte und verleiht sie per Abonnement anschließend an seine Kunden. Das Unternehmen hat 2500 verschiedene Artikel im Angebot (Stand April 2021) und gilt als „Europas Marktführer im Miet-Commerce für Unterhaltungselektronik“.
Es geht also in den Worten von Michael Braungart um Serviceprodukte.
Und, wie ich im Beitrag You’ll own nothing, and you’ll be happy schon schrieb
Denn solange die Eigentumsverhältnisse an den Produktionsmitteln so sind, wie sie sind, kann “You’ll own nothing” nur bedeuten, dass die globale Kapitalistenklasse dann endgültig die Eigentümerinnen von allem werden – eine Neuauflage des Feudalismus. Der Knackpunkt, den auch Braungart weitestgehend ausblendet, ist also: Serviceprodukte sind nur dann sozial gerecht möglich, wenn die Unternehmen den Menschen gehören, die dann ihre Serviceprodukte mieten.
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You'll own nothing, and you'll be happy
Der Great Reset des Weltwirtschaftsforums
Das Video mit den “8 predictions for the world in 2030” sorgt in den letzten Monaten für viel Aufruhr. Es stammt übrigens schon aus dem Jahr 2016. Der Grund, warum das seit Corona hochgekocht ist, ist natürlich der Great Reset des Weltwirtschaftsforums (WEF). Das Motto des WEF-Treffens in diesem Jahr lautet “The Great Reset”, und es greift diese “Vorhersagen” aus dem Jahr 2016 auf. Von den insgesamt 8 “Vorhersagen” konzentriere ich mich in diesem Beitrag auf die erste, die auch den Titel dieses Beitrags bildet:
You’ll own nothing.
And you’ll be happy.Zu deutsch: Du wirst (im Jahr 2030) nichts mehr besitzen, und du wirst glücklich damit sein. An dieser Stelle kommt schon eine Übersetzungs-Unschärfe ins Spiel, denn “own” meint genau genommen nicht besitzen, sondern Eigentümerin sein. Besitzen werden wir natürlich auch im Jahr 2030 noch alle möglichen Dinge, aber laut dem WEF werden diese alle gemietet sein:
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Wolf Lotter und die Dialektik des Vereinheitlichens
Mein Beitrag über Effizienz und Redundanz hat mich dazu gebracht, das seit Jahren in meinem Regal stehende Buch über Verschwendung endlich mal zu lesen.
Lange habe ich kein Buch mehr so verschlungen wie dieses von Wolf Lotter, den ich vor allem aus der Zeitschrift brand eins kenne. Und noch nie habe ich in einem Buch erlebt, dass sich Höhepunkte und Tiefpunkte in so kurzer Folge abwechseln. Vieles von dem, was Lotter darin schreibt, feiere ich richtiggehend. Aus meiner Sicht hat er aber an mehreren Punkten blinde Flecken, was den Erkenntnis- und auch den Unterhaltungswert des Buches leider wieder schmälert.
Er ist auf jeden Fall ein Fan des Kapitalismus. Was das bedeutet, hängt natürlich davon ab, wie man Kapitalismus definiert; er tut das so:
Konsequenter als je muss man zumal in unseren technikkritischen Zeiten Industrialismus und Kapitalismus auseinander halten. Kapitalismus ist ein von Prestige und Verschwendung gesteuertes Prinzip, Marktwirtschaft ein höchst natürlicher, grundlegend sozialer Vorgang. Doch unser Bild von Wirtschaft entspricht einer keineswegs natürlichen Gemengelage aus überlebtem Ethos, wie ihn Weber beschreibt, Größenwahn, wie er sich in ewigen Wachstumskurven ausdrückt, und Ideenlosigkeit hinsichtlich Systemstabilisierungen, an denen man sich seit den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts immer wieder verzweifelt versucht, ohne retten zu können, was nicht zu retten ist. Der Industriekapitalismus ist keine zwingende evolutionäre Größe. Der Kapitalismus entstand aus ganz anderen Motiven: aus der Liebe zum Prestige, zur Vielfalt, zur Kraft des Neuen. Kurz: aus dem Wesen der Verschwendung.
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Wir sind nicht zu viele - Wir sind nur zu blöd!
Die Diskussion um meinen Beitrag Äußeres Wachstum bremsen, inneres beschleunigen hat mich dazu veranlasst, noch mal klarzustellen, dass ich nicht technologischen Fortschritt an sich ablehne, sondern Fortschritt in bestimmten Bereichen sogar sehr befürworte. Wenn ich von “Wachstum” rede, meine ich gar nicht wissenschaftlich-technologischen Fortschritt, sondern im Sinne von Charles Eisenstein das Wachstum der Geldsphäre. In unserem heutigen Geldsystem bedeutet wirtschaftliches Wachstum zwangsläufig mehr desselben. Denn Geld ist ein eindimensionaler Maßstab, es gibt nur entweder mehr oder weniger Geld. “Wirtschaftswachstum” bedeutet daher “mehr Geld”. Das Bruttoinlandsprodukt ist eine einzige Zahl, und wenn diese Zahl größer wird, wächst die Wirtschaft. Wofür wir dieses mehr Geld verwenden, spielt dabei gar keine Rolle. Genauer gesagt wird Geld “investiert” in Unternehmen, die am Ende mehr Geld versprechen. Ob das Wirtschaftswachstum dadurch zustande kommt, dass die Leute nun jedes Jahr statt alle zwei Jahre ein neues Smartphone kaufen, oder ob sich ein neues Cradle to Cradle (C2C)-Smartphone durchsetzt, ist egal, weil die eine Zahl diese Unterschiede gar nicht abbilden kann.
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Studiert Chemie!
Der Artikel Über kurz oder lang von Wolf Lotter aus dem brand eins Magazin hat mir aus mehreren Richtungen Impulse gegeben. Für meine Forschungsfrage in Sachen Konsensentscheidungen relevant ist ein Zitat des Münchener Soziologen Armin Nassehi:
“Die Demokratie hat man vor allem auch deshalb eingeführt, um Entscheidungsprozesse zu verlangsamen. Wenn einer allein entscheidet, geht das in der Regel ganz schnell. Die Willkür ist eine sehr schnelle Angelegenheit. Aber wenn man Parlamente hat, Ministerien, demokratische Strukturen, dann kann nicht schnell über einen Kamm geschert werden. Man kann mehr Meinungen berücksichtigen und Komplexität besser verarbeiten, wenn man ganz bewusst auf die Bremse tritt.”
Das gilt natürlich umso mehr für Entscheidungen im Konsens aller Betroffenen.
Der Unternehmensberater Ulrich Golüke sagt:
“Risiken sind immer in der Zukunft liegende Ereignisse, man muss sie also mit Langfristigkeit behandeln. Eine kurzfristige Gesellschaft ist nicht mehr in der Lage, eine Übereinkunft darüber zu treffen, wer wofür verantwortlich ist – sie kann also die Risiken nicht mehr verteilen.”
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