Stolzer Mieter eines Kopfhörers
Die Überschrift spielt auf eine aktuelle Werbekampagne der Grover Group an. Bei denen heißt es z.B. “Stolzer Mieter eines Laptops” oder “Stolzer Mieter eines Tablets”. Grover? Who the fuck is Grover? Von denen hatte ich bisher noch nie gehört – der verlinkte Wikipedia-Artikel gibt Auskunft:
Die Grover Group (kurz: Grover) ist ein deutsches Unternehmen mit Sitz in Berlin, das über eine Online-Plattform Elektronikgeräte vermietet. Grover kauft Geräte und verleiht sie per Abonnement anschließend an seine Kunden. Das Unternehmen hat 2500 verschiedene Artikel im Angebot (Stand April 2021) und gilt als „Europas Marktführer im Miet-Commerce für Unterhaltungselektronik“.
Es geht also in den Worten von Michael Braungart um Serviceprodukte.
Und, wie ich im Beitrag You’ll own nothing, and you’ll be happy schon schrieb
Denn solange die Eigentumsverhältnisse an den Produktionsmitteln so sind, wie sie sind, kann “You’ll own nothing” nur bedeuten, dass die globale Kapitalistenklasse dann endgültig die Eigentümerinnen von allem werden – eine Neuauflage des Feudalismus. Der Knackpunkt, den auch Braungart weitestgehend ausblendet, ist also: Serviceprodukte sind nur dann sozial gerecht möglich, wenn die Unternehmen den Menschen gehören, die dann ihre Serviceprodukte mieten.
Was heißt das im Fall der Grover Group? Zunächst mal ist das eine GmbH, die mit dem Vermieten Geld verdient. Über die Finanziers weiß Wikipedia folgendes:
Bis 2020 sammelte das Unternehmen in mehreren Finanzierungsrunden Wagniskapital sowie einen Asset-Backed-Kredit der Varengold Bank in Höhe von 250 Millionen Euro ein. Anfang 2021 erhielt Grover eine weitere Finanzierung in Höhe von 60 Millionen Euro. Laut eigener Einschätzung liegt der Unternehmenswert nun im „hohen dreistelligen Millionenbereich“.
Die betreiben also Kapitalismus in Reinform.
Ich hingegen bin seit heute stolzer Mieter eines Gerrard Street-Kopfhörers. Und beim Einkauf im Onlineshop wurde mir direkt ein 20 €-Anteil an der CommOwn-Genossenschaft angeboten, den ich natürlich gerne mitgezeichnet habe. So bin ich also Miteigentümer der Gesellschaft, die mir den Kopfhörer vermietet.
Nachtrag: Hab mir gerade den Wikipedia-Artikel über diese Varengold-Bank durchgelesen. Die waren vermutlich an Cum-Ex-Geschäften beteiligt. Keine weiteren Fragen, Euer Ehren!