Die Angst der Kriegskinder und -enkel vor Bewusstseinserweiterung
Gerade bin ich wieder am Lesen im Nebelkinder-Buch, den Beitrag von Anne-Ev Ustorf. Dabei fällt mir besonders auf, dass gerade Bewusstseinserweiterung, und zwar auch mit Hilfe entsprechender Substanzen, diese ganzen Knoten auflösen kann. Bescheuerterweise sind psychedelische Substanzen allerdings pauschal verboten. Dabei könnten sie, verantwortungsvoll eingesetzt, so viel Gutes bewirken. Ustorf schreibt:
Babys lernen von ihren Bezugspersonen, ihren eigenen inneren Zustand zu deuten: So gut oder schlecht wie die Bindungsperson – meist die Mutter – die eigenen Gefühle und die ihres Babys regulieren kann, lernt auch das kleine Kind nach und nach, die eigenen Gefühle zu regulieren oder – anders gesagt – sich zu beruhigen.
Timothy Leary spricht in diesem Zusammenhang von Prägung, englisch imprint. Während Ustorf nun schreibt:
Die rechte Hirnhälfte bleibt jedoch ein Leben lang von den frühen Bindungserfahrungen beeinflusst
hat bereits Leary festgestellt, dass sich solche Erfahrungen neu prägen lassen, wie er in Neurologik am Beispiel kindlicher Schizophrenie bzw. Autismus schreibt:
Das Problem kindlicher Schizophrenie ist, daß menschliche Wesen als negativ-gefährlich eingeprägt wurden, was konditioniertes Erlernen menschlicher Beziehungen verhindert. Die Lösung ist, den Imprint aufzuheben und einen neuen ‘Re-Imprint‘ zu ermöglichen, der eine positive Orientierung gegenüber der Mutter miteinschließt. Das Aufheben von Imprints und die Erleichterung von Re-Imprints wird durch Löschen der bio-chemischen Synapsen Muster vollzogen, welche die Programmierung des Nervenschaltkreises definieren. Psychedelische Drogen wie LSD heben Imprints und konditionierte Anlagen auf. Nachdem dem autistischen Kind LSD verabreicht wurde, verbringt die Mutter oder eine elterliche Person acht Stunden zusammen mit dem Kind, währenddessen sie es mit Wärme, Natürlichkeit, zärtlichen, herzlichen, sanften und heiteren Reizen versorgt. Die einzuprägende Botschaft lautet: “Du bist sicher”, “wir sind sicher”. Mit einer neu eingeprägten positiven Beziehung zu den Mitmenschen, die auf diese Weise etabliert wird, fährt die Mutter fort, diese mit Sicherheits-Stimuli zu verstärken. Drei oder vier solcher LSD-Re-Imprinting-Erfahrungen sollten, verbunden mit beständigen “Sicherheit”-Reizen, die auf die LSD-Sitzungen folgen, die Erhaltung eines positiven Schaltkreis I-Imprints und eines positiven Konditionierungssystems sichern.
Wie man sieht, spielen Set und Setting eine entscheidende Rolle für die Wirkung psychoaktiver Substanzen. Wer “einfach mal so” LSD zu sich nimmt, kann mit allen möglichen Folgen rechnen, das ist natürlich nicht zu empfehlen. Eine erfahrene Begleitperson ist für die ersten Erfahrungen unerlässlich.
Da nun aber solche Substanzen nach wie vor illegal sind, gibt es auch andere Möglichkeiten, sich neu zu programmieren. Eine davon ist das Holotrope Atmen. Noch sanfter gelingt es im Isolationstank.
Um den eigenen Geist zu festigen, kann in jedem Fall vorbereitend Vipassana helfen. Denn dabei übt man ja gerade, alles, was einem widerfährt, neutral zu beobachten & nicht darauf zu reagieren. Dieser so erworbene Gleichmut ist dann bei intensiveren Erfahrungen sehr nützlich.
Der Satz, den Ustorf von einem ihrer Gesprächspartner in ihrem Buch zitiert, zeigt nun, warum gerade die vom Krieg betroffenen Menschen vor Bewusstseinserweiterung zurückschrecken:
Alles war sehr eng, aber in dieser Enge hatten sie sich eingerichtet.
Die Familien mit traumatisierenden Kriegserfahrungen haben sich in der Enge eingerichtet, um eben diese Erfahrungen aus ihrem Bewusstsein herauszuhalten. Das Bewusstsein erweitern heisst hier zwangsläufig, dass auch die traumatisierenden Erlebnisse wieder bewusst werden. Deshalb sollte man das behutsam & mit Bedacht angehen. Ich habe das in meinem Leben intuitiv gemacht, habe mich langsam immer weiter getastet. Gerade meine intensive Beschäftigung mit Computern hat mir das Programmieren und Metaprogrammieren meiner Selbst nahe gebracht, wenn auch erst nach einigen Schleifen. Schlussendlich bin ich deshalb zwingend bei John Lilly gelandet. :)
Und es lohnt sich unbedingt, sich für eine rationale Drogenpolitik einzusetzen, wie es z.B. Wulf Mirko Weinreich tut. Auch Jörg auf dem Hovel und Hans Cousto sowie der Verein eve & rave engagieren sich in diesem Bereich. Als Partei tun sich vor allem die Piraten hervor.
Es muss auch nicht gleich LSD sein. MDMA wird in klinischen Studien mit großem Erfolg zur Behandlung post-traumatischer Belastungsstörungen eingesetzt. In den USA setzt sich die Multidisciplinary Association for Psychedelic Studies für die Legalisierung von MDMA und anderen Substanzen zu therapeutischen Zwecken ein. Graham Hancock spricht sogar provozierend von einem war on consciousness:
Update vom 03.06.: Die Scobel-Sendung “Highlung durch Drogen” passt perfekt zu diesem Beitrag: