Selbstwichtigkeit verlieren
Seit einigen Jahren bin ich dahin unterwegs, immer mehr meine Selbstwichtigkeit zu verlieren. So gebe ich z.B. inzwischen fast schon traditionell in den Schwitzhütten mit Bozi und Sabine in der Weggeberunde in der ein oder anderen Form meine Selbstwichtigkeit weg. Das gehört auch ganz wesentlich zur Makellosigkeit dazu. Nun habe ich gerade ein neues Castaneda-Buch gelesen (dazu in einem späteren Beitrag mehr), wo das Thema auch wieder prominent vorkommt.
Just heute wurde mir diesbezüglich noch etwas klar. Schon länger war ich hin- & hergerissen, wie ich mich zu der Selbstwichtigkeit von anderen verhalten soll. Ein Standpunkt in mir dazu war, dass ich den anderen nicht helfe, wenn ich ihre Selbstwichtigkeit noch unterstütze. Dabei treibe ich damit nur verdeckt meine eigene Selbstwichtigkeit voran und halte mich insgeheim für besser als die anderen. Es geht schließlich um _Selbst_wichtigkeit. Deshalb sollte auch zuallererst ich selbst diese verlieren und nicht auf andere schauen. Und wenn ich im Angesicht der Selbstwichtigkeit von anderen meine eigene verliere, gebe ich damit ein Beispiel ab. Das ist das gleiche Prinzip wie beim gewaltfreien Widerstand.
Rückblickend erkenne ich jetzt z.B., wie ich mich in meiner dunklen Phase richtig in meiner Selbstwichtigkeit gesuhlt hatte. Überhaupt tun Opfer ja so, als würden sie von den anderen gerade nicht genügend gewürdigt. Sie selber attestieren sich damit eine größere Selbstwichtigkeit als ihnen von den anderen zugestanden wird, und halten daran verbissen fest. Dabei erschaffen wir, ob wir wollen oder nicht. Indem wir uns als Opfer verhalten, erschaffen wir damit unseren eigenen Opferstatus immer wieder neu. Und rechtfertigen damit alles bis hin zum Krieg (wir erinnern uns, seit 5:45 wird _zurück_geschossen – schuld sind immer die anderen).
Noch mal zurück zum Punkt: Das Ego, ausgefuchst wie es nun mal ist, schafft es sogar, sich hinter dem Anliegen zu verstecken, anderer Leute Selbstwichtigkeit nicht unterstützen zu wollen. Meine eigene Selbstwichtigkeit verliere ich am nachhaltigsten, indem ich den anderen gerade darin diene. Darum nennt Gabriele S. Bodmer in ihrem Artikel das Dienen als eines der vier Prinzipien der Makellosigkeit.
Nachtrag vom 03.01.2017: Gerade habe ich mal wieder in der Oya 40 geblättert & bin bei der Flaschenpost aus dem Neolothikum gelandet, die wunderbar hier reinpasst:
Lass die Bedeutung, die du dir gibst, von dir wehen wie die Haselnuss ihren Blütenstaub im Frühling, und du findest es wieder, das Spiel als Essenz des Lebens – Fülle, Vielfalt, Freude am Gelingen, Verzweiflung über den Schmerz, Genuss des Schlüssigen, Rekombination, Variation, Staunen über das Neue, Ausdruck dessen, was ist. Im Spiel bedeutest du nichts, das eine ist nicht wichtiger als das andere – die Bewegungen des Tanzes selbst tragen alles in sich.
Nachtrag vom 03.05.2017: Manfred bringt es einfach auf den Punkt:
Würden wir einsehen, dass wir nichts Besonderes sind, sondern ganz banal Lebewesen wie alle anderen Tiere und Pflanzen auch, dann wäre uns schon viel geholfen. Wir werden geboren, und irgendwann verkrümeln wir uns wieder. Buchstäblich. Das ist auch schon alles. Und in der Zwischenzeit bilden wir uns ein, wichtig zu sein. Die meisten Probleme auf diesem Planeten entstehen schlicht deshalb, weil sich die Leute überschätzen.