Leipzig adé, ich werde dich vermissen
Am Sonntag ziehe ich nach Berlin ins Diamond Lotus, somit fast auf den Tag genau 9 Jahre nachdem ich mit Sabine, Maya & Konrad nach Leipzig gekommen bin. Die letzten Wochen war ich schon etwas wehmütig, heute ganz besonders. Deshalb fasse ich das hier in ein paar Worte.
Gestern war ich das letzte Mal zur Probe bei den Tollkirschen; vielleicht hat auch das zu meiner heutigen Stimmung beigetragen. Als “Quotenhete” habe ich hier selber tatkräftig zur Leipziger Kulturszene beigetragen & den Backstagebereich der Moritzbastei gründlich kennen gelernt.
Es kommen hauptsächlich Erinnerungen an Begegnungen mit Menschen hoch, die mir etwas bedeuten. Argo ist einer dieser Menschen, durch ihn bin ich zu den Tollkirschen gekommen. Und ich erinnere mich gerne an das Tantra-Yoga, vor allem als es noch im LaLita stattfand.
Gleich im nächsten Atemzug fällt mir die Leipziger Kuschelparty ein, die zu einer Institution in meinem Leben (und sicherlich auch dem vieler anderer) geworden ist. Die ist ein Grund, auch weiterhin gelegentlich nach Leipzig zu kommen. Auch zu ihren “Ablegern”, wie der Kuschelparty in Halle oder dem Vorlesekuscheln, komme ich gerne wieder, wenn es mal passt.
Als ich heute Nachmittag durch die Straßen schlenderte, zog es mich in die Straße unserer ersten gemeinsamen Wohnung hier in Leipzig, in Schleußig. Dabei wurde mir bewusst, dass dieser Abschied von Leipzig auch ein weiteres Stück Abschied von Sabine und ihren Kindern ist. Die ersten Jahre in Leipzig verbinden sich in meiner Erinnerung vor allem mit den dreien. Picknick beim Abenteuerspielplatz. Kindergeburtstage in der Sachsentherme oder im Riff. Und natürlich die Freie Schule Leipzig. Dort haben sowohl die Kinder als auch die Erwachsenen einige neue Freunde gefunden.
Und dann solche Leipziger Spezialitäten wie das Badewannenrennen und das Seifenkistenrennen am Fockeberg – vor allem ersteres habe ich sehr genossen.
Bei meinem Spaziergang musste ich feststellen, dass es das Schlechte Versteck in der Könneritzstraße nicht mehr gibt, wo wir das erste Mal Larsen Sechert vom Knalltheater live erleben durften. Larsen ist ein weiterer Grund, auch von Berlin aus gelegentlich nach Leipzig zu fahren.
Als Teil meiner heutigen Nostalgie habe ich in der Vleischerei gegessen. Ein Stück noch nicht gentrifiziertes Plagwitz, das hoffentlich noch lange dreckig bleibt.
Von allen unseren Wohnorten in Leipzig aus sind wir immer wieder mal zum Westbesuch bzw. Westpaket an der Karl-Heine-Straße gekommen, einmal hatten wir selber einen Trödelstand dort (bei ziemlich stürmischem Wetter).
Was ich, außer Menschen, in Leipzig noch vermissen werde, ist der Auwald. Auf manchen Strecken kann ich mit dem Fahrrad einmal quer durch die Stadt fahren und dabei nur gelegentlich mal eine Straße überqueren, ansonsten fahre ich ganz durchs Grüne. Das kann Berlin wohl so nicht bieten. Flüsse und Kanäle gibt es dort dafür in noch größerer Zahl als hier in Leipzig.
Zurück zu den Menschen: witzigerweise war ich, seit ich quasi in Sichtweite des Westwerks wohne, kein einziges Mal mehr zum Chaostreff bzw. später Open Chaos im sublab. Von Schleußig und später von Gohlis aus bin ich öfter dort gewesen und habe so Anschluss an die Welt der Informationstechnik gehalten. ;-)
Ebenfalls schon wieder Geschichte ist die Männergruppe, die Horst Vogt seinerzeit geleitet hatte. Den Atemabend gibt es nach wie vor, eine sehr zu empfehlende Einrichtung.
Ach ja, und studiert habe ich ja auch eine Zeit lang an der Uni Leipzig. Das vermisse ich allerdings nicht, jedenfalls nicht die Wirtschafts"wissenschaften".
Der Sachsenbrücke habe ich einen vielleicht letzten Besuch abgestattet. Dort hat auch mein Freund Rasputin schon spontan gefreestylt. Überhaupt: Im Video Soweit die Füße tragen von den Fliegenden Untertassen bekommt ihr ein paar Eindrücke von Leipziger Parks & Flüssen. Und weil alle guten Dinge drei sind hier noch Rasputin mit Generation Smartphone.
Seen gibt es viele rings um Leipzig, wobei mein Lieblingssee eindeutig der Kulki ist. Dort haben wir sogar zwei Jahre hintereinander unseren Sommerurlaub verbracht, bei Micha im Bungalow, in dem er heute sein Eis für die Eisdiele herstellt und lagert.
Und auch wenn Hypezig inzwischen wieder Geschichte ist (siehe auch Alles nur eine Blase?), bleibt der Strom der Hipster gen Leipzig (vor allem in den Leipziger Westen, wo ich noch wohne) ungebremst. In diesem Sinne schwimme ich mit meinem Umzug nach Berlin gegen den selbigen. ;-)
Und mit diesem Lied von den Untertassen sage ich Still loving Leipzig