Hört auf, Zinsen zu zahlen und zu nehmen
Die Radikalversion, sogar alle Tilgungen zu verweigern, hatte ich in Gestalt des Känguruhs schon öfter hier im Blog:
Siehe auch den Beitrag “Schulden muss man doch zurückzahlen”. Der Frankfurter Anwalt Hans Scharpf hat vor 3 Jahren mit der Aktion Geldhahn zu! zum kompletten Schuldenstreik aufgerufen (auf ihn wurde ich in der ersten Folge von stoersender.tv aufmerksam), in Österreich gibt es den Kreditopferverein.
Praktisch empfehle ich das jedoch nicht, denn wenn Du Dir von jemand (& sei es eine Bank) Geld geliehen hast, dann hast Du ja mit diesem Geld etwas (hoffentlich sinnvolles) angefangen. Deshalb solltest Du diesen Betrag schliesslich auch zurückzahlen. Nur die Zinszahlung kannst und solltest Du verweigern, denn die ist durch nichts außer Wucher gerechtfertigt. Und dazu bemühe ich auch gar keine juristischen Argumente, sondern verstehe das klar als politische Aktion: Wir wollen ein Geldsystem ohne Zinsen (oder eben sogar mit Negativzins), deshalb zahlen (& verlangen) wir auch keine Zinsen.
Wenn das genügend Menschen tun, und dafür bereit sind in den Knast zu gehen, kann die Megamaschine nicht mehr weitermachen wie bisher.
Und ihr könnt auch von eurer (Nettokalt-) Miete nur 25% zahlen, denn der Rest sind Zinsen. Oder sagen wir konservativ, 70% der Kaltmiete sind Zinsen, also zahlt ihr nur 30% davon. Auch hier gilt: wenn das genügend Leute tun und sich dafür einknasten lassen, geht es nicht mehr so weiter wie bisher.
Zur konkreten Vorgehensweise: Wenn Du (als Schuldner) einen Kredit laufen hast, z.B. eine Hypothek, dann kalkuliere Deine Raten so, dass Du genau den Kreditbetrag tilgst ohne jegliche Zinsen. Mit der letzten Rate setze einen Brief an die Bank oder den sonstigen Gläubiger auf, in dem Du Dich dafür bedankst, diesen Kredit bekommen zu haben, und begründe darin, dass Du für unser aller Enkel auf die Zahlung von Zinsen verzichtest. Am besten veröffentlichst Du diesen Brief und schickst ihn nicht nur privat an den Gläubiger.
Wenn Du einen verzinsten Kredit vergeben hast, gestaltet sich die Sache wesentlich einfacher: Du verzichtest einfach auf die vereinbarten Zinsen, und zwar auch öffentlich.
Ach, und auf einem anarchistischen Blog darf an dieser Stelle natürlich der Hinweis auf die Möglichkeit des Steuerboykotts nicht fehlen, praktische Hinweise bei der Wissensmanufaktur. In Spanien scheint das zur Zeit üblich zu sein, wie der Oya-Artikel Versorgung mit dem Notwendigen beschreibt:
Ich staune, als Esther mir erzählt, dass es in Spanien relativ weit verbreitet ist, in einem Akt »wirtschaftlichen Ungehorsams« die Zahlung eines Steueranteils zu verweigern. Aus einer von der Initiative »Derecho de Rebelión« (Recht auf Rebellion) veröffentlichten Liste fragwürdiger Haushaltsposten – unter anderen Zinsen und Tilgung öffentlicher Schulden sowie die Finanzierung von Gefängnissen, Parteien, Polizei, Monarchie, Kirche – wählen ungehorsame Bürgerinnen jene Punkte aus, deren Quoten sie nicht mittragen möchten (das sind im Höchstfall 31 Prozent der Steuerpflicht). Den entsprechenden Betrag vergeben sie stattdessen gemeinwohlfördernd; die Quittung über die Zahlung der Alternativ-Steuer reichen sie beim Finanzamt ein.
Was soll ich da sagen? “Von Spanien lernen heisst siegen lernen” ;-)
Nachtrag: Ebenfalls in dem Oya-Artikel wurde ich auf Enric Duran alias Robin Banks aufmerksam, dessen genialen Coup ich euch nicht vorenthalten will:
Der damals 35-Jährige hatte mit fingierten Unterlagen und 6000 Euro Startkapital bei 39 Banken und Kaufhäusern 68 unterschiedliche Kredite aufgenommen, deren volle Rückzahlung er nie vorhatte – die Geldinstitute waren vor dem Banken-Crash recht freigiebig. Fast eine halbe Million mit der Kreditspirale erbeutete Euros investierte Enric unter anderem in eine massenhaft verteilte Zeitung mit dem Titel »Podem« (katalanisch: Wir können): »Wir können ohne Banken, ohne Multis, ohne Geld, ohne politische Klasse – ohne Kapitalismus – leben!« Auch die damals in den Windeln liegende Cooperativa Integral Catalana profitierte wohl von Robin Banks’ Coup.