Besorgter Bürger 2022
Nun geht das Jahr 2022 langsam schon wieder zu Ende und ich hatte noch gar keinen “Besorger Bürger”-Beitrag hier im Blog. Irgendwie war ich es leid; der Trend zur Vermögenskonzentration geht unvermindert weiter, wenn er sich nicht sogar beschleunigt. Es gab schlicht nichts wirklich Neues zu berichten.
Wie üblich verweise ich daher auf die bisherigen Beiträge dieser Reihe:
- Besorgte Bürger (2015)
- Im Jahr 2017 bin ich erst recht besorgter Bürger
- Besorgter Bürger die Dritte
- Besorgter Bürger 2019
- Besorgter Bürger 2020
- Besorgter Bürger 2021
- Besorgter Bürger 2022
Darüber hinaus widme ich mich heute dem Problem auf einer grundsätzlicheren Ebene. Den Auslöser dazu gab das Paper Entrepreneurs, Chance, and the Deterministic Concentration of Wealth aus dem Jahr 2011.
Darin zeigen sie, dass Vermögenskonzentration eine inhärente Eigenschaft einer Marktwirtschaft ist. Sie modellieren nämlich eine Population von Unternehmerinnen, deren wirtschaftlicher Erfolg ganz allein auf Glück basiert. Das Modell würfelt also quasi aus, wer aus dem jeweiligen Kapitaleinsatz wieviel herausholt. Dabei zeigt sich, dass selbst bei anfangs völlig gleich verteiltem Vermögen allein durch den Faktor Glück bzw. Zufall die Ungleichheit mit der Zeit immer mehr zunimmt und schließlich absolut wird, d.h. alles Vermögen landet am Ende zuverlässig in den Händen einer einzigen Akteurin.
Während ich mich seit vielen Jahren am Geldsystem abarbeite & versuche, darin die Gründe für die Vermögensungleichheit zu finden, stellt sie sich einfach als Ergebnis stochastischer Prozesse dar.
Das heißt nun aber nicht, dass das Geldsystem egal wäre, ganz im Gegenteil: wenn die Tendenz zu Vermögenskonzentration eine inhärente Eigenschaft jeglicher Marktwirtschaft ist, dann braucht jede Marktwirtschaft einen Mechanismus, um diese Tendenz auszugleichen.
Die traditionelle Antwort (auch in dem obigen Paper) lautet “besteuern”, was mir als Anarchist nicht besonders lieb ist. Ich finde es nach wie vor eleganter, den Ausgleichsmechanismus direkt im Geldsystem zu verankern.
Ideen verschiedenster Art finden sich hier im Blog, die verlinkten “Besorgter Bürger”-Beiträge sind ein guter Einstiegspunkt, wie auch das Tag “Geldreform”.
Nachtrag: Auf das Paper wurde ich im Blog von Georg Trappe aufmerksam.
Nachtrag vom 25.09.: In einem anderen Beitrag von Georg T. habe ich den Text Power Structure Research und das Ringmodell der Machteliten entdeckt, der folgende prägnante Definition von “superreich” enthält:
Superreiche unterscheiden sich bekanntlich von den Reichen dadurch, dass sie in keinerlei Gefahr schweben, ihre Vermögen durch irgendwelche Umstände plötzlich zu verlieren. Im Gegensatz zu den Reichen können die Superreichen absolut ruhig schlafen. Ihre Vermögen sind so riesig, so weit verzweigt, so gut platziert, auch so gut versteckt, dass dieser Planet schon zerplatzen müsste, damit auch sie nur noch im Hemd da stünden (Lundberg 1968).
Dabei musste ich auch wieder an Andreas Eschbachs Roman “Eine Billion Dollar” denken.
Nachtrag vom 04.12.: Der Artikel Mühelos mächtig von Roland Rottenfußer beleuchtet ausführlich die fatalen Folgen des Erbrechts.