Urheber sind Schöpfer
Vor ein paar Tagen habe ich das erste Mal Geld für einen MP3-Download ausgegeben. Das ist ein hervorragender Anlass, mich differenziert mit dem Thema Urheberrecht auseinanderzusetzen.
Konkret geht es um das Minialbum Ein Fenster zur Sprache des Berliner Rappers Amewu. Kaufen kann man es (in Form von 5 MP3-Dateien, es gibt auch noch andere Formate wie FLAC zur Auswahl) für 5 € oder mehr. Ich habe 10 € bezahlt.
Das entscheidende Stichwort für mich ist Freiwilligkeit. Ich hätte mir die Tracks auch einfach bei YouTube runterladen können, zwar nicht ganz in der Qualität, aber um es z.B. auf dem Handy zu hören vollkommen ausreichend.
Mir ging es auch gar nicht darum, diese 5 MP3s zu haben, als ich sie “gekauft” habe. Ich setze das Wort ganz absichtlich in Anführung, denn mit Geld sind diese Raps nicht zu bezahlen. Der Titel “Schwelle” berührt mich am allermeisten und treibt mir beim Anhören auch nach dutzenden Malen immer noch die Tränen in die Augen:
Ich habe also die 10 € nicht bezahlt, um die Musik hören zu können. Sondern ich habe sie Amewu gegeben, damit er weiter Variationen des einen einzigen Klangs formen kann. Denn er braucht Essen & Trinken, ein Dach über dem Kopf, Kleidung & Unterstützung wenn er mal krank ist. Und alles das was zu einem guten Leben noch dazugehört.
Um es noch einmal zu wiederholen: ich musste ihm kein Geld geben um seine Musik hören zu können. Ich habe es von ganzem Herzen getan. Das Album Entwicklungshilfe habe ich mir dann auch noch bestellt, auf CD. Auch das im Übrigen nicht bei Amazon o.ä., sondern direkt beim Label Edit Entertainment.
Wir müssen unterscheiden zwischen der Kunst und dem Kunstwerk. Im digitalen Zeitalter sind digital verfügbare Kunstwerke nun mal mit Kosten nahe Null beliebig oft kopierbar. Dazu hat immer noch Kris Köhntopp in seinem Artikel Falscher Planet, falsches Jahrtausend aus dem Jahr 2009 das letzte Wort gehabt: Das Internet ist eine Kopiermaschine. Es kann also nicht darum gehen, digitalen Kunstwerken ein Preisschild anzuhängen und sie zu diesem Preis zu verkaufen. Das widerspricht vollkommen ihrer Natur, denn sie wollen sich verbreiten.
Worüber wir uns jedoch ganz dringend Gedanken machen müssen, ist: wie sorgen wir dafür, dass unsere Künstler gut leben können? Urheber sind Schöpfer, Künstler sind die Seele unserer Kultur, und wie heißt es doch so schön: eine gesunde Seele wohnt in einem gesunden Körper.
Zu dem Gerücht, die GEMA nützte wenig bekannten Künstlern, lasse ich ein Lied von Betroffenen sprechen:
Die Kulturflatrate gefällt mir aus einem Grund nicht: sie beschränkt sich auf explizit Kulturschaffende, schert diese dafür wieder über einen Kamm. Ein stumpfsinniger Gangsterrapper wird von ihr genauso erfasst wie ein Ausnahmetalent wie Amewu. Und freiheitsliebende Künstler wie Die Fliegenden Untertassen würden sich für eine Kulturflatrate vielleicht gar nicht als Künstler anmelden und leer ausgehen, obwohl sie alles Geld der Welt verdient hätten. Das will ich nicht!
Weitergedacht wird allerdings ein Schuh draus: Gibt es für alle ein bedingungsloses Grundeinkommen, dann haben ja alle genug zum Leben & können freiwillig die Künstler, die ihnen besonders gut gefallen, finanziell unterstützen. Diese müssen dann schon etwas Gutes abliefern, wenn sie mehr als ihr Grundeinkommen erzielen wollen.
Das ist ohnehin der Effekt des Grundeinkommens: Wettbewerb und Marktwirtschaft werden durch es sogar noch gefördert, weil es erst durch das Grundeinkommen einen wirklichen Arbeits_markt_ geben wird. Denn, wie Wolf Lotter in seinem Artikel Der Lohn der Angst ausführt, sind die so genannten “Arbeitnehmer” im Lohnarbeitssystem nicht frei, die Arbeit ihrer Wahl zu machen, sondern existenziell abhängig von einem bezahlten Arbeits_platz._ Mit dem Grundeinkommen im Hintergrund ergibt sich eine ganz andere Verhandlungsposition: Man kann zu seinem Chef einfach “Nein” sagen, und keiner von beiden stürzt dadurch in eine existenzbedrohende Krise.
Auch Künstler können mit Grundeinkommen einfach mal entspannt loslegen und Kunstwerke erschaffen, ohne auf potentielle Käufer angewiesen zu sein. Und wenn sie die Menschen damit begeistern, um so besser!