Unsere Heimat nicht den Rechten und dem Kapital überlassen
Die aktuelle Oya besteht ja hauptsächlich aus Interviews mit Leuten, die mit Oya bisher wenig bis nichts zu tun hatten. Das Gespräch von Leonie Sontheimer mit Thembi Wolf hat mich nun so aufgewühlt, dass ich mich dazu hier im Blog äussere.
Ich war entsetzt, als ich diese Äusserung von Thembi Wolf las:
Ja, du kannst den Begriff nicht nur gruselig, sondern auch positiv nutzen. Aber wenn ich eine Oya sehen würde, auf deren Titel »Heimat« stünde, würde ich trotzdem Gänsehaut bekommen, selbst wenn es ganz anders gemeint wäre. Ich wäre dann sicher, dass die Ausgabe nicht für mich geschrieben wurde. Ich hätte dann das Gefühl, dass da jemand nicht nachgedacht hat, was der Begriff für mich bedeutet. Für mich ist er definitiv mit AfD, mit Rechten konnotiert. Am liebsten wäre mir, das Wort würde verschwinden.
Das ist eine Haltung, die viele Linke vertreten, am extremsten wohl die Antideutschen (wobei sich darüber streiten lässt, ob das überhaupt noch Linke sind). Was bewirkt diese Haltung?
Diese Linken überlassen damit den Rechten komplett das Feld, wenn es um das Thema Heimat geht.
Das liegt mir bekanntlich sehr am Herzen, siehe Meine Wurzeln im Osten oder auch In europäischen Traditionen leben. Und auch alle anderen Menschen, denen ihre Heimat wichtig ist, werden sich von solchen Aussagen abgestoßen fühlen. Diskursive Hegemonie lässt sich auf so eine Art wahrhaftig nicht erreichen.
Eine solche Haltung bedeutet auch, dass es OK ist, wenn Menschen aus ihrer Heimat vertrieben werden, denn Heimat gehört schliesslich abgeschafft. Wird irgendwo ein Staudamm gebaut, dem Dutzende Dörfer weichen müssen, dann ist das ein zivilisatorischer Fortschritt. Auch der Braunkohletagebau darf gerne Dörfer plattmachen und die dort lebenden Menschen zwangsumsiedeln, denn das treibt ihnen ihr vorsintflutliches, reaktionäres und rechtes Heimatgefühl aus.
Oh, ich werde gerade sehr sarkastisch. Menschen werden dadurch traumatisiert, wenn ihnen die Heimat weggenommen wird.
Jedenfalls bewirkt diese Haltung neben der völligen Kapitulation gegenüber den Rechten im Heimat-Diskurs ausserdem noch, dass Linke mit einer solchen Haltung auch den globalisierten Kapitalismus befördern. Denn der braucht genau das: heimatlose, entwurzelte Arbeitskräfte, die flexibel rund um den Globus eingesetzt werden können, wie es dem Kapital beliebt.
Wie das jetzt damit zusammengeht, dass auf der anderen Seite das sesshaft werden möglicherweise der bisher größte Fehler der Menschheit war, darüber bin ich mir noch nicht klar.
Jedenfalls kann meines Erachtens nach die Lösung nicht sein, Heimat abzuschaffen, sondern sie immer mehr auszuweiten. Ich z.B. empfinde die ganze Erde als meine Heimat.
Die Oya hatte das Thema schon mal unter der Überschrift “Nach Hause kommen” in Ausgabe 45. Damals hat sie sich noch nicht getraut, das Wort “Heimat” auf den Titel zu bringen. Ich wünsche mir von Herzen eine Oya-Ausgabe mit dem Titel und dem Thema Heimat – damit wir uns unsere Heimat nicht von den Rechten und dem Kapital wegnehmen lassen!