Puh, es sind doch nicht alle Linken staatstreu geworden
Ein kleiner Lichtlick inmitten der breiten linken Front auf Regierungslinie: Corona und die Demokratie. Eine linke Kritik.
Grüneklee kritisiert blinden Gehorsam und „Staatsverehrung“, sieht eine „Lust zum Gehorchen“ und eine „neue Volksgemeinschaft“ bis weit „in die linke Szene hinein“, die Ausgangssperren und Maskenpflicht fordert. Die Polizei erfahre einen „enormen Akzeptanzgewinn“. Der Autor fragt, ob „wir noch auf dem Weg in die Gesundheitsdiktatur“ seien, oder ob diese schon begonnen habe.
Elisabeth Voss’ Fazit lässt mich wieder vorsichtig Hoffnung in die Menschheit fassen:
Viele Aspekte der Maßnahmekritik und auch viele politische Reflektionen der Autoren sind nach wie vor wichtig und auch heute noch diskutierenswert, und sollten grade von denjenigen ernst genommen werden, die eine ganz andere Auffassung vertreten. In respektvollen kontroversen Auseinandersetzung könnte einiges vertieft und sicher von allen Seiten dazugelernt werden. Denn es sind Denkanstöße von kritischen Geistern, die heute gerade in den Corona-Debatten viel zu selten zu hören sind. Wer sich auch in diesen merkwürdigen Zeiten die Idee bewahrt hat, dass Demokratie nicht bedeutet, die endgültige Wahrheit herauszufinden oder einfach nur auf der (vermeintlich) richtigen Seite zu stehen, sondern dass Demokratie ein Prozess des Fragens und der laufenden Abwägung unterschiedlicher Fakten und Meinungen ist, wird dieses Buch wohl mit Genuss lesen.
Beachtet auch die Pressemitteilung der Autoren: Es gibt keine zweite Welle, sondern Corona ist eine Dauerwelle – Was es braucht, ist scharfe Kritik an den irrationalen staatlichen Zwangsmaßnahmen.
Daher unterstützen wir an sich die antifaschistischen Demonstrationen, die unter dem Motto „Abstand gegen Rechte“ gegen die Aufmärsche protestieren. Doch leider haben sich weite Teile dieser Linken als Teil des Problems erwiesen, da sie die irrationalen Zwangsmaßnahmen des Staates, die zu Not, Elend und Tod nicht nur in Europa, sondern weltweit führen (Zehntausende aufgeschobene Operationen, ausbleibende Vorsorgeimpfungen gegen Masern in Afrika, ökonomische Katastrophe wegen zurück gefahrenem Welthandel, Suizide wegen Perspektivlosigkeit, Ende der Club- und Theaterszene, keine Freiheit der Wissenschaft und Forschung mehr usw.), aggressiv unterstützen.
Und weiter:
Der Begriff Coronaleugner ist offenbar auch von dem Bestreben geleitet, undifferenziert jede Kritik an den Maßnahmen zu diffamieren oder als lächerlich abzutun („Covidioten“, „Aluhut-Träger“). Damit ist diese pauschale, abwertende „Kritik“ (eher Schmähung) der Kritik im Kern selbst denunziatorisch und antiaufklärerisch. Der Begriff ist auch deshalb zu hinterfragen, weil er an den Begriff des Holocaustleugners erinnert. Es ist von entscheidender Bedeutung, gegen die Leugnung des weltweit einmaligen Verbrechens der Shoah vorzugehen. Doch gerade diese Einmaligkeit wird offenbar infrage gestellt, wenn nun die Leugnung von vielen anderen Dingen politisch sanktioniert werden soll. Es gab bisher mit Recht nicht den Begriff des Kapitalismus- oder Patriarchatsleugners. Warum soll also der Begriff des Coronaleugners eingeführt werden?
An diese Stelle passt auch die Erklärung des Berliner Praxiskollektivs Gegen das Diktat der Angst.
Nachtrag vom 20.09.: Im Telepolis-Artikel Die Corona-Krise. Die Linke. Und die Sterblichkeit beklagt Wolf Wetzel auch den linken Konformismus in der Corona-Krise:
Wenn Regierung und Regierungswillige zusammen die Corona-Maßnahmen summa summarum, die Suspendierung elementarer Grund- und Schutzrechte für angemessen halten, wenn “Antifaschist” den Protest dagegen für den falschen halten und sich als politische Ordnungsmacht verstehen, nach Verboten rufen und zu Gegendemonstrationen aufrufen, dann gibt es keine Opposition mehr, sie hat sich aufgelöst. Dann sollte man sich auch nicht beklagen, dass die richtigen Parolen auf den falschen Demos gerufen und gezeigt werden.
Ähnliches wie Wetzel erwarte ich auch von einer Linken, die diese Bezeichnung verdient (am Beispiel Bill Gates):
Was würde also eine linke Kritik auszeichnen? Es ginge darum, die Bedeutung von Bill Gates und seiner Stiftung genau zu benennen. Dabei geht es am allerwenigsten darum, Bill Gates nett, philanthrop oder unsympathisch zu finden. Es geht um die ungeheure Summe, die überall auf der Welt zu einer Macht verhilft, die sich nicht zur Wahl stellen muss, die mit Investitionen und Deinvestitionen mehr erreichen und bewirken kann, als dies geheime Zirkel können.
Zum anderen geht es darum, zu erklären, warum das Geraune von einer im verborgenen agierenden Macht die Herrschaftsverhältnisse nicht aufdeckt, sondern verschleiert. Die “Bill Gates” dieser Erde brauchen keine Unterwelt, sie sitzen in den Beraterstäben von Regierungen, sie investieren in Think Tanks und NGOs (Nichtregierungsorganisationen), halten sich Stiftungen, um so auf vielstimmige Weise Meinungshoheit zu schaffen und Entscheidungen in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Und genau diese Arbeit aufseiten der Linken steht aus.
Nachtrag vom 06.10.: Der Artikel Corona-Kritik schafft “seltsame Bettgenossen” in den NachDenkSeiten spricht mir aus dem Herzen:
Der in diesem Text beschriebene Zustand ist kein Verdienst der nun Teile der kritischen Öffentlichkeit besetzenden Rechten und Neoliberalen. Das Phänomen illustriert statt dessen vor allem den Ausfall der kritischen und „linken“ Kräfte: Die bestimmenden Fragen der Zeit werden im Moment aus dieser Richtung nicht gestellt. Den Rechten wird dadurch wieder Gelegenheit gegeben, ein wichtiges Thema zu besetzen und sich gar als “Stimme der Vernunft“ darzustellen. Bei vielen Bürgern wird dieses Verhalten die politische Heimatlosigkeit nochmal verstärken. Wo sind die „linken“ Stimmen, die diesen Menschen antworten?
Nachtrag vom 18.10.: Kai Ehlers macht sich in seinem Blog Gedanken zur Inflation des „Faschismus“-Begriffes. Darin stellt er fest
Das ist pervers: „Antifa“ als Hilfstruppe der Polizei? Polizei als Hüter der demokratischen Ordnung, indem sie deren Einschränkung durchsetzt? Hier stimmen die Kategorien von links und rechts, von Faschismus, „Widerstand“ und Demokratie offensichtlich nicht mehr.
Und weiter
Klärung ist angesagt, um Vorwürfe des Faschismus nicht weiterhin zu inflationieren und bloß als inhaltsleeres Schimpfwort zu missbrauchen. Plakative Faschismus-Vorwürfe ersetzen nur die Auseinandersetzung zur Sache und haben keine anderen Zweck mehr als Andersdenkende zu diffamieren.
Im weiteren Verlauf kommt er auf die Technologie der unfreien Welt zu sprechen:
Ich denke, Faschismus beginnt beim Eingriff in die körperliche Unversehrtheit gegen den Willen derer, auf die übergegriffen wird. Aber es geht nicht nur um offene physische Gewalt, nicht einmal nur um psychische Gewalt. Es geht auch nicht nur um Übergriffe auf den Einzelnen. Es geht um den Eingriff in die Autonomie der Persönlichkeit im Zuge der sogenannten Gesundheitspolitik, welche die Menschen zu Körpern degradiert, die nach Statistik behandelt werden. Tendenziell führt das in die Richtung einer neuen Eugenik, in der die Menschen nach gesund und lebenswert oder krank und überflüssig selektiert werden. […]
Diese Entwicklung vollzieht sich heute zwar noch in Formen des einheitlichen Nationalstaats, aktualisiert durch die gegenwärtige „Shutdown“-Atomisierung der Staaten, aber es handelt sich dabei im Kern um die Entwicklung einer globalen Herrschaftsstruktur im Interesse einer immer kleiner werdenden Minderheit und der von ihr in Gang gesetzten biotechnischen Kontrollbürokratie, die von einer, immer größere Bereiche der Gesellschaften ergreifenden, intelligenten Technologie gesteuert wird.
Der Mensch ist in dieser Perspektive nur noch organisches Ersatzteil des globalen Maschinen-Netzes. In d i e s e r Perspektive werden die Umrisse eines möglichen zukünftigen Faschismus sichtbar. Es ist die „Utopie“ zu der in den High-Tech-Zentren heute in grandiosem Maßstabe und sich überbietender Konkurrenz zwischen den Staaten und Wissenschaftsgemeinden und unter Einsatz von Kapital in Billionenhöhe geforscht, experimentiert und bereits in Anlagen installiert wird. […]
In diesen Perspektiven bleiben die lebendigen Menschen als überflüssige „Organwesen“ hinter einer sich zur Herrschaft aufschwingenden biotechnischen Maschinen-Intelligenz zurück. Im besten Fall werden sie mit Methoden des noch aus der Sprache des US-Strategen Zbigniew Brzezinski stammenden berüchtigten „Tittytainment“ bei Laune gehalten, damit sie die polittechnische Maschinerie, die sie in ihrer organischen Unfreiheit hält, nicht stürmen.
Eine solche Analyse geht den meisten Linken heutzutage leider völlig ab:
Kern dieses hier skizzierten Prozesses ist die ungebremste Selbstvermehrung und Konzentration des Kapitals zu einer sich tendenziell immer schneller reproduzierenden „intelligenten“ Technik, die immer mehr Menschen überflüssig macht. Immer weniger Menschen, Spezialisten und ihre Geldgeber, drücken eine immer diffuser und breiter werdende tendenzielle Mehrheit der Bevölkerung auf das Niveau der genannten „Organwesen“ herab. […]
Anders als früher, das heißt: Die Klassenverhältnisse verschieben sich. Die soziale Auseinandersetzung nimmt diffusere, aber zugleich existenziellere Formen an und bezieht immer weitere Kreise der Gesellschaften mit ein: Die Tatsache, dass immer mehr Menschen in die Überflüssigkeit, in die Not, möglicherweise in die Revolte als letztem Ausweg gedrückt werden, zwingt die „Eliten“ zu immer radikaleren Maßnahmen für die Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft zu greifen. Das müssen sie nicht zuletzt deswegen, weil sie nicht nur die Unzufriedenheit einer diffusen Bevölkerung zu fürchten haben, sondern sich auch ihrer Spezialisten nicht hundertprozentig sicher sein können. Unter solchen Umständen reicht das von Brzezinski seinerzeit vorgeschlagene „Tittytainment“ schon nicht mehr aus. Es werden totalere Mittel gebraucht, mit denen ein Stillehalten der Abhängigen hergestellt werden kann.
Tja, liebe Linke, schaut euch bitte mal genauer an, vor welchen Karren ihr euch da spannen lasst.
Das weltweite Corona-Regime, das die Menschen zur Zeit global in Angststarre versetzt, gibt eine Ahnung davon, wie diese Mittel zukünftig aussehen können: Immer neue todbringende Viren oder andere Krankheiten, vor denen es nur Rettung zu geben scheint, wenn sich die einzelnen Menschen, selbst die einzelnen Staaten den globalen staatlichen Präventionsprogrammen unterordnen. Der Staat, vertreten durch seinen biotechnisch geleiteten Wissenschaftsapparat präsentiert sich, möchte man sagen, als Erlöser vom Übel der ewigen mühseligen Conditio Humana. Da nimmt die Ordnungsmacht des Kontrollstaates bereits quasi-religiöse Züge an.
Zum Antifaschismus schreibt er abschließend
Worin besteht also ein wirklicher, in seiner Tiefe verstandener „antifaschistischer Kampf“, besser gesagt einer Auseinandersetzung, die dieser sich abzeichnenden Realität gerecht wird, wenn bloße Verweigerung, die sich dem Kontrollstaat individuell zu entziehen versucht, nicht mehr ausreicht? Er besteht darin, der Übergriffigkeit dieser maschinengeleiteten bürokratischen Kontrolle als Mensch zur Erhaltung der menschlichen Freiheit und Emotionalität entgegenzuwirken. Das betrifft nicht nur die abhängig arbeitende Bevölkerung, das betrifft alle, die sich die Freiheit zur Selbstentwicklung erhalten wollen.
Wenn auch Rechte, Reichsbürger oder Neonazis, um es noch einmal von einer anderen Seite her zu sagen, für die Verteidigung der Verfassung auftreten, und sich ihr unterordnen, sind sie letztlich nur arme Teufel, die sich ideologisch verirrt haben. Gefährlich wird, wer die Totalisierungstendenzen des Staates deckt, nutzt und sich dafür benutzen lässt, statt dagegen anzugehen.
Nachtrag vom 12.12.: Richard Aabromeit zeichnet in seinem Artikel ›Corona‹ und das verängstigte Subjekt ein düsteres Bild der Linken:
Am Ende brauchen sicherlich Vertreter/innen der Neoliberalen und der Konservativen dem Lager der Progressiven und der Linken gar keinen Todesstoß mehr versetzen, da es diese wegen Suizids gar nicht mehr gibt.
Nachtrag vom 10.01.2021: Es gibt jetzt die Freie Linke, die kritisch zu den Corona-Maßnahmen steht. Na endlich!
Wir sind Linke unterschiedlicher Strömungen, die sich aufgrund der Zuspitzung der globalen Entwicklungen auf verschiedenen Ebenen zusammengefunden haben, um gemeinsam für eine demokratische Zukunft in Freiheit und Frieden und den Erhalt von Grund- und Menschenrechten für alle Menschen zu kämpfen.
Wir haben uns in der Gruppe „Freie Linke“ zusammengeschlossen. Uns eint die Ablehnung der demokratiefeindlichen Maßnahmen, die in Deutschland wie auch weltweit zum vorgeblichen Schutz vor dem Corona-Virus ergriffen wurden.
Wir finden: Kapitalistische Strukturen, unverhältnismäßig autoritäres Regierungshandeln und eine Linke, die sich ausschließlich auf Identitäts- und Symbolpolitik beschränkt, können keine adäquaten Antworten auf die in der Coronapandemie sichtbar gewordenen globalen Missstände in Zeiten von massivem Umbruch liefern.
Nachtrag vom 22.01.2021: Bei Indymedia haben sich 4 Linke aus dem Gesundheitssystem Contra #Zero Covid zu Wort gemeldet, sehr lesenswert. Kostprobe:
Aber trotzdem fragen wir uns wie es sein kann, dass sich die politischen Koordinaten in derart kurzer Zeit so gravierend verschoben haben, dass antiautoritäre und linksradikale Gruppen, Strukturen und Einzelpersonen in kompletter Ignoranz der sozialen Verhältnisse in diesem Land Forderungen nach dem staatlichem Totalzugriff aufstellen. Statt den Diskurs des medizinischen Totalitarismus aktiv zu bekämpfen, wird die „solidarische“ Gefängnisgesellschaft gefordert. Der biopolitisch legitimierte Angriff, angst-gerechtfertigt als lebensschützender Absolutheitsanspruch, umgesetzt vom Staat samt polizeilichen Sondervollmachten wird nicht nur stillschweigend hingenommen, sondern noch proaktiv gefordert. Es geht den linksradikalen Akteuren nicht mehr um eine Dialektik der Befreiung, stattdessen setzen sie im kompletter Unkenntnis der Funktionsweise von moderner Herrschaft eine Dialektik der Repression in Kraft.
Nachtrag vom 20.03.2021: Erstaunliche Töne von den Antideutschen in Gestalt der Redaktion Bahamas – Mitmachen wollen wir nie. Über Corona-Exzesse und die Sprachlosigkeit der Ideologiekritiker.
Nachtrag vom 06.02.2022: Bei der Perspektive Solidarität Hamburg habe ich einen sehr desillusionierten Text über Die Implosion der „Radikalen“ Linken gefunden. Da kann ich jedes Wort von unterschreiben:
Mit Fassungslosigkeit habe ich die Reaktionen des Großteils, oder zumindest lautesten Teils der Radikalen Linken, zu der ich mich nach wie vor zähle, registriert: Einerseits gibt es die völlig unkritische Hin- und Übernahme von staatlich verkündeten Informationen und Maßnahmen und andererseits die völlige Unfähigkeit, differenziert auf die aufkommenden Maßnahmekritiker*innen einzugehen.
Nachtrag vom 22.03.2022: Im Neuen Deutschland habe ich einen Debattenbeitrag gefunden, der mir sehr aus dem Herzen spricht – Die Linke und Corona: Ein postideologischer Totalitarismus?. Der lohnt sich auf jeden Fall ganz zu lesen, hier nur ein paar Kostproben:
An einer ernsthaften wissenschaftlichen Auseinandersetzung scheint man merkwürdigerweise gerade im linken Lager bis heute nicht wirklich interessiert. Stattdessen ist man mit Worten rasch zur Hand und nimmt es mit der Logik nicht allzu genau: Wer von Diktatur spricht, verharmlose wahre Diktaturen und sei damit ein Holocaustleugner. Eine Mutter, die ihr Kind nicht impfen lassen will, als Nazi zu beschimpfen, ist aber kein Problem und auch, dass damit die Frage des Antisemitismus völlig sachfremd instrumentalisiert wird. Hauptsache man wähnt die Moral auf seiner Seite. […]
Das Frappanteste ist, wie weitgehend sich die Linke seit Beginn der Coronakrise aus ihren angestammten Kritikfeldern, allen voran der Kritik an den internationalen Organisationen der Globalisierung verabschiedet hat, sodass ihre Haltung in weiten Teilen etwa von derjenigen des World Economic Forums und seines Begründers Klaus Schwab kaum mehr zu unterscheiden ist. Dass durch die Maßnahmen, nicht durch das Virus, weltweit mit 20 Millionen mehr Hungertoten zu rechnen ist, wie Oxfam schon im letzten Sommer warnte; dass die Impfallianz Gavi, von der auch die jetzige Impfkampagne ausgeht, in ihrer Vergangenheit immer wieder negative Schlagzeilen machte - unter anderem, weil sie in Indien und Afrika Impfungen mit der Massensterilisierung von Frauen verbanden; ja, dass die von der WHO instrumentierte Corona-Politik, wie Toby Green in seinem Buch »The Covid Consensus. The New Politics of Global Inequality« darlegt, global gesehen, zu einer massiven Verschärfung der eh schon skandalös großen sozialen Ungleichheit führt: Dass all dies kein Thema für die Linke mehr sein soll, hat etwas Unfassbares. […]
Doch auch wenn wir eine Gefahr von rechts befürchten: Es ist absolut unverständlich, warum die Linke, die seit Anfang der Coronakrise nichts Besseres zu tun weiß als mit dem moralischen Zeigefinger auf rechts zu zeigen, sich weigert anzuerkennen, dass die Politik der weltweiten Verelendung, die die Linke mitträgt, der beste Nährboden für rechte Bewegungen ist. Rechte Ideologien greifen nämlich dort, wo Menschen in eine ökonomisch ausweglosen Situation geraten sind. Es ist die Linke, die mit ihrer Haltung das Feld der berechtigten Kritik der Rechten überlassen hat, weil sie sich weigern, irgendetwas in Frage zu stellen, obwohl die Ungereimtheiten sich längst bis zum Himmel türmen. Sie sind verantwortlich für einen Zulauf nach rechts, wenn es ihn denn geben wird. Doch die neue Gefahr wird nicht von rechts kommen. Sie scheint mir vielmehr in dieser neuen postideologischen Konstellation zu liegen: Vielleicht müssten wir uns an den Gedanken gewöhnen, dass der heutige Staat zwar autoritär ist, dass er mit diesem Autoritarismus dem Kapital dient und demnach der Definition eines rechten Totalitarismus entspricht, aber ohne dass er sich dabei klassisch rechtsextremer Ideologie bedient.