Offene Enden: Gestaltpsychologie hautnah
Nun lebe ich seit gut einem Monat im Diamond Lotus, und das Dasein hier strengt mich immer noch an. Ich habe schon eine ganze Menge geschafft um hier anzukommen, und doch beschäftigen mich nach wie vor sehr viele offene Enden bzw. offene Baustellen. Genau das ist es, was mich so anstrengt: dass so viel unvollendet ist, angefangen und noch nicht zu einem guten Ende gebracht. Klar bin ich in meinem Leben angetreten, Vertrauen zu üben, was ich auch in diesem Blog dokumentiere. Zugleich wird mir in den letzten Wochen am eigenen Leib deutlich, was es mit den Gestaltgesetzen aus der Gestaltpsychologie auf sich hat, vor allem diesen beiden:
Gesetz der guten Gestalt (oder Einfachheit bzw. Prägnanz)
Es werden bevorzugt Gestalten wahrgenommen, die in einer einprägsamen (Prägnanztendenz) und einfachen Struktur (= „Gute Gestalt“) resultieren.
Gesetz der Geschlossenheit
Es werden bevorzugt Strukturen wahrgenommen, die eher geschlossen als offen wirken.
Wir sind so gestrickt, dass wir abgeschlossene Formen bevorzugen. Deshalb haben Märchen ein Happy End, und Musikstücke enden in der Regel nicht auf der Dominante oder gar auf einem Dominantsept. Und deshalb habe ich gerade beschlossen, nichts Neues anzufangen, bis die wichtigsten & dringendsten Punkte auf meiner ToDo-Liste erledigt sind & die Liste um mindestens ein Drittel geschrumpft ist.
Vertrauen entsteht gerade dadurch, dass etwas gelingt, also zu einem guten Abschluss gebracht wird.
Ich lerne dabei auch über Prozessarbeit: nämlich dass Prozesse durch Gestalten strukturiert werden. Einerseits ist klar: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Andererseits hat jedes Spiel einen klaren Anfang und ein klares Ende, und sie gehen nicht nahtlos ineinander über. Nach einem Spiel gehen die Spieler duschen und ruhen sich erst mal aus. Dann trainieren sie irgendwann weiter für das nächste Spiel. In der Prozessarbeit läuft es genauso, da begleitet man Leute dabei, einen Prozess ganz durchzuleben und abzuschließen. Dieser spezifische Prozess ist damit dann auch abgeschlossen. Der Gesamtprozess läuft dabei weiter, der ist nie zu Ende & hat dabei auch eine übergreifende Struktur. Dabei gehe ich mit Anngwyn St. Just davon aus, dass sich diese Prozessstrukturen fraktal ineinander verschachteln.
Die Gestaltpsychologie ist mir übrigens das erste Mal in Person von Paul Tholey bzw. dessen Buch Schöpferisch träumen begegnet.