Konflikte entstehen an der Grenze zwischen Konsensrealität und Traumland
Was da in der Überschrift steht, ist im Grunde eine Binsenweisheit der prozessorientierten Psychologie. Dennoch ist mir vor kurzem klar geworden, warum das so ist, deshalb dieser Beitrag.
Das Wesentliche steckt schon in dem Wort _Konsens_realität: Das, worauf wir uns geeinigt haben, dass es wirklich ist.
Sobald aber z.B. Person A sagt “damals in der Situation war es so” und Person B darauf entgegnet “nein, stimmt gar nicht, es war ganz anders, nämlich so”, herrscht kein Konsens darüber, wie es wirklich war. Damit entsteht ein Konflikt, und das Traumland dehnt sich in die stellenweise zerbrechende Konsensrealität hinein aus – das Land von Grinsekatzen und verrückten Hutmachern, von Ekstase, Rausch und Wahn, wo Menschen und Tiere in Zungen reden, wo nichts ist wie es scheint.
Genauso ist es, wenn jemand sagt “am besten machen wir dies und jenes” und jemand anderes entgegnet, “nein, wir machen besser das” – in diesem Fall besteht kein Konsens über die Zukunft, so wie es beim vorherigen Fall keinen Konsens über die Vergangenheit gibt. Interessant ist dabei, dass über die Zukunft ja eh kein Konsens bestehen kann, da sie naturgemäß ungewiss ist. Man könnte also sagen, dass die Zukunft gänzlich im Traumland liegt.
Wichtig ist nun, dass das nur an der Grenze zwischen Traumland und Konsensrealität überhaupt zu einem Problem wird, denn mitten im Traumland existieren viele scheinbar unüberwindliche Gegensätze einfach nebeneinander her; mehr oder weniger friedlich. Es besteht jedenfalls kein Anspruch, dass alles klar und eindeutig definiert ist, geschweige denn logisch zusammenhängt.
Diesen Anspruch hat jedoch die Konsensrealität, sie kann ihn allerdings nie konsequent durchhalten, weil das Traumland viel größer und umfassender ist und die Konsensrealität deshalb nie alles umfassen und in ein in sich stimmiges System packen kann.
Im Grunde erzeugt also die Konsensrealität alle Konflikte, indem sie versucht, neue Inhalte aus dem Traumland in ihren bisherigen Konsens zu integrieren, oder aber diese mit Gewalt auszuschließen (“es kann nicht sein, was nicht sein darf”). Bewusstseinserweiterung geht offenbar notwendigerweise mit großen Spannungen einher.
Die Essenzebene schaut sich das ganze Spektakel einfach nur wohlwollend an.