Größer als die Snowden-Enthüllungen, weil sie Namen nennen: #panamapapers

Gerade hat die Süddeutsche den bisher größten Leak in der Geschichte veröffentlicht: Die Panama Papers, auch beim International Consortium of Investigative Journalists. Fusion hat auch eine Seite dazu, Dirty little secrets.

Das haut viel mehr rein als alles, was Snowden enthüllt hat, weil die Panama Papers Namen nennen. Davon hatte ich seither immer geträumt, dass sich das endlich mal jemand traut.

Das Offshore-Prinzip erklärt die Anstalt-Folge vom 28.10.2014:

Und zu den Panama Papers sage ich gleich: Mehr davon! Ich will die Namen Obama, Trump, Page, Gates, Buffett, Soros, Bertelsmann, Quandt, Funke, Albrecht, Bezos und Zuckerberg in so einem Leak lesen!!! Die Namen aller NSA-Mitarbeiter oder CIA-Agenten wären auch mal was. Und dann natürlich, wer hinter dem Dutroux-Fall steckt usw. usf.

Potential ist offensichtlich noch genug vorhanden:

Eine SZ-Anfrage zu Erhard Mossack kommt vom Bundesnachrichtendienst ohne Auskunft zurück. Dort lägen zwar Dokumente vor, diese könnten jedoch „das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder“ gefährden.

Auf jeden Fall sage ich Danke für diese Leaks!!!

Nachtrag: Die Panama Papers unterstreichen, weshalb ich besorgt bin. Die Eliten spielen ihre Spiele mit uns allen, und das wäre auch ohne jegliche “Korruption” der Fall, schlicht und einfach mittels des Geldsystems.

Noch ein Nachtrag: Ich wette, im Zuge der durch die Panama Papers angestoßenen Ermittlungen wird es einige Tote geben. Im Fall Dutroux sind es ja schon 27.

Und noch einer: Vom International Consortium of Investigative Journalists wird man keinen Leak erwarten können, der den Namen Soros enthält:

Recent ICIJ funders include: Adessium Foundation, Open Society Foundations, The Sigrid Rausing Trust, the Fritt Ord Foundation, the Pulitzer Center on Crisis Reporting, The Ford Foundation, The David and Lucile Packard Foundation, Pew Charitable Trusts and Waterloo Foundation.

Warren Buffets Sohn Peter beleuchtet die Heuchelei der Wohltätigkeit von Stiftungen, die faktisch den Willen ihrer Stifter mit deren Milliarden bis in alle Ewigkeit durchsetzen. Ich wäre also immer vorsichtig, wenn so etwas von Stiftungen finanziert wird (The Charitable-Industrial Complex). Die einzige richtig gute Stiftung, die ich kenne, ist die Bewegungsstiftung. Siehe dazu auch Undurchsichtige Wohltätigkeit: “Nach der Revolution 1789 wurden im Namen der Gleichheit aller Bürger sämtliche Stiftungen in Frankreich abgeschafft und blieben es fast zwei Jahrhunderte lang.”

Das lässt Craig Murray denn auch formulieren: Corporate Media Gatekeepers Protect Western 1% From Panama Leak.

Ah, und die Sponsorenliste beim Center for Public Integrity ist das Who is Who der US- und globalen Superreichen. Na klasse. Die wollten einfach mal bei ihrer Konkurrenz aufräumen, wie die Deutsche Bank damals bei den Juden.

Das bestätigt im übrigen meine These, dass die globale Elite durch gegenseitige Erpressung zusammen gehalten wird, und man überhaupt nur mit Leichen im Keller in Machtpositionen kommt.

Es fällt ja schon auf, dass es ausgerechnet Russland und Island trifft, wobei auch die Ukraine und Saudi-Arabien dabei sind. Die ersten Plätze des Financial Secrecy Index fehlen jedenfalls.

#panamapapers ist also noch nicht fertig; erst wenn die 2,6 TB an Dokumenten im Netz zirkulieren.

Ah, noch was: Was haben die Panama Papers und die Snowden-Leaks gemeinsam? Richtig: Corporate Media Gatekeepers Protect Western 1% From Leak. Beide haben nicht eine Plattform wie Wikileaks genutzt, die die Dokumente an sich veröffentlicht, sondern sie von Journalisten zensieren lassen. Da lob ich mir doch Chelsea Manning, & die hat 35 Jahre Knast dafür gekriegt. Und Wikileaks-Gründer Julian Assange sitzt seit bald vier Jahren in der ecuadorianischen Botschaft fest.

Die Frage Cui bono? ist hier besonders angebracht.

Einen hab ich noch: Die NSA kennt doch Mossack Fonseca bestimmt in- und auswendig. Die schneiden schliesslich alle SWIFT-Transaktionen mit.

Update vom 05.4.: “Da kommt noch mehr”, meinten die von der Süddeutschen am Sonntag. Und es lohnt sich wirklich, Popcorn zu bunkern, denn z.B. die Geschichte von Werner Mauss hat’s in sich. Und sie listen auch die deutschen Banken auf, die im Offshore-Geschäft mitmischen. Und das ICIJ beschreibt, wie Scheidungen bei den Superreichen noch viel umfangreichere Schlammschlachten als bei Normalbürgern sind, weil da erst mal die Eigentumsverhältnisse geklärt werden müssen. ;-) Allerdings:

Die Kunden: Da ist in dem Fall eine vermögende Familie, weshalb im Protokoll hinter deren Namen der Zusatz very confidential steht: sehr vertraulich.

Genau diese Namen, bei denen very confidential steht, liebe Süddeutsche, genau diese Namen gehören veröffentlicht. Alle, wie sie so in den Panama Papers stehen.

Ah, und mir fällt gerade eine echt sinnvolle Verwendung der Bundeswehr-Fallschirmjäger ein: Liechtenstein stürmen und alle dortigen Unterlagen sichern und veröffentlichen.

Gerade entdeckt: Zumindest einige der Originaldokumente der Panama Papers findet ihr bei Documentcloud.

Und Günter Hack listet in seinem ORF-Artikel Leben mit dem Leak sieben Lektionen auf, die er aus den Panama Papers gelernt hat, darunter:

erste Lektion: Die echten Profis stehen nicht in Datenbanken. Dafür haben sie ihre Leute - Anwälte, Banker, Treuhänder, eine ganze Offshore-Industrie. […] Lektion Nummer drei: In der Offshore-Szene gibt es keinen Mangel an Fantasiefirmen und Geld, aber gutes Personal ist schwer zu bekommen. Die Vertrauensleute sind deshalb immer dieselben, sie hinterlassen Spuren, müssen ihre Pässe und Adressen übermitteln. […] Lektion Nummer vier: Adressen, Namen und Zeitstempel, die sogenannten Metadaten, sind bei der Recherche wesentlich nützlicher als der Großteil der Inhalte der Dokumente. […] Lektion Nummer sechs: Eine Datenbank ist nichts ohne eine andere Datenbank. Ein einzelnes Datum für sich genommen ist nichts, dasselbe Datum in zwei verschiedenen Datenbanken geht dagegen schon beinahe als ein Stückchen Realität durch. Je mehr Daten in voneinander unabhängigen Systemen zur Verfügung stehen, desto besser. Es stellt sich heraus, dass offene Zeitungsarchive und offene Regierungsdaten die besten Helfer bei der Suche nach fragwürdigen Geschäften sind.

Update vom 06.04.: Ernst Wolff bestätigt meine Vermutung, dass die da nur die Konkurrenz ausschalten wollen: »Geldanlegern ist dort fast alles erlaubt« (siehe auch seinen Artikel in Telepolis). Money quote:

Das Interessante dabei ist, was nicht veröffentlicht wurde. Durch die Publizierung von Teilen dieser Papiere wird nämlich Druck auf Steuerhinterzieher aller Länder ausgeübt, ihr Schwarzgeld anderswo in Sicherheit zu bringen – niemand von ihnen kann wissen, ob nicht auch er in der Liste steht. Diese Leute werden sich vorsichtshalber eine neue Steueroase suchen: die USA.

Die USA liegen bekanntlich auf Platz 3 des Financial Secrecy Index. Wolff weiter:

Gut möglich, dass auch US-amerikanische Geheimdienste an der Vorarbeit beteiligt waren. Die Steueroasen in aller Welt werden dadurch erst einmal aufgemischt, so dass die Gelder demnächst in diese vier US-Staaten fließen. Die USA haben auf diese Weise Zugriff auf unendliche Geldreserven, sie stärken damit den schwächelnden Dollar und versuchen sich so auf die kommende Finanzkrise vorzubereiten.

Und der Artikel in der Zeit vom November Hannes versteckt eine Million nennt einen heissen Kandidaten für den nächsten Leak: die Londoner Kanzlei St Matthew. Schon damals schrieb die Zeit:

Die Lage lässt sich so zusammenfassen: Die USA profitieren von den ungleichen Rechten und Pflichten zum Datenaustausch. Und sie haben die Macht, diese Regeln anderen Ländern zu diktieren, weil ihre Währung für die Weltfinanzmärkte so wichtig ist.

Der Economist haut mit seinem Artikel The biggest loophole of all in die gleiche Kerbe.

Die Frage “cui bono?” ist damit hinreichend beantwortet: Die Eliten der USA.

Und Jens Berger nimmt die Panama Papers als Jahrhundertflop auseinander und kommt zu dem Schluss:

Man kann wirklich nur jedem Whistleblower raten, einen großen Bogen um die Enthüllungskonsortien der Medienkonzerne zu machen, die vom ICIJ verwaltet werden. Schon bei den Offshore-Leaks, den Luxemburg-Leaks und den Swissleaks haben ICIJ und Co. sich nicht mit Ruhm bekleckert und die „bösen Buben“ blieben ungeschoren. Wer was erreichen will, sollte seine Dokumente daher lieber bei Wikileaks veröffentlichen. Nur so ist eine wirklich transparente und demokratische Auswertung der Dokumente möglich.

Ich stelle hiermit die These auf, dass das eine NSA-Operation ist, denn wer sonst trägt mal eben 2,6 TB aus einer Kanzlei raus?

Und zum Thema Stiftungen empfehle ich den Radiobeitrag Einer hat so viel wie 58 Millionen andere zusammen mit u.a. dem Geschäftsführer der oben schon genannten Bewegungsstiftung.

Update vom 08.04.: Die Süddeutsche nimmt jetzt selbst Stellung zu den fehlenden US-Amerikanern in den Panama Papers:

“Wenn man Mitt Romney heißt oder Donald Trump und seine Einkünfte aus Investitionen bezieht, ist der Steuersatz so niedrig, dass man eine ferne Oase gar nicht braucht. Außerdem nutzen die Reichen etliche legale Steuerschlupflöcher”, sagt der Reporter Kevin Hall.

Und sie nennt die Deutschen, die darin vorkommen. Besonders pikant dabei:

Auch die Namen fast aller Landesbanken finden sich in den Dokumenten, die der Süddeutschen Zeitung zugespielt wurden - mithin staatliche Institute, die eigentlich den Auftrag haben, dem jeweiligen Bundesland zu dienen und die alljährlich einen Teil ihrer Gewinne an die jeweilige Landesregierung ausschütten; zugleich haben diese öffentlich-rechtlichen Banken in der Vergangenheit das Steueraufkommen des deutschen Fiskus untergraben, indem sie das Geld deutscher Steuerzahler in Offshore-Firmen lenkten, deren Ziel vor allem eines ist: dem Finanzamt eben kein Geld zu zahlen. In den Aufsichtsgremien dieser Landesbanken sitzen oder saßen oft auch die Finanzminister aus den jeweiligen Bundesländern, die eigentlich die obersten Steuereintreiber sein sollten.

Update vom 09.04.: Ich war bei der Liste der Center for Public Integrity-Sponsoren schon über die Goldman-Sonnenfeldt Foundation gestolpert, und siehe da, die ist wirklich von Goldman Sachs (siehe Michael W. Sonnenfeldt). Damit haben wir dann alle üblichen Verdächtigen zusammen, die mit den Panama Papers ihre Konkurrenz ausschalten wollen. Goldman Sachs hat das mit Lehman Brothers ja schon mal durchexerziert. Siehe dazu auch die Anstalt, bzw. damals noch Neues aus der Anstalt:

Update vom 12.04.: Dirk Müller stellt die richtigen Fragen:

Vor allem seine Frage, ob die Daten, _bevor_ sie an das Journalistenkonsortium weitergegeben wurden, nicht schon gezielt frisiert wurden, sollte zu denken geben. Immerhin schreibt die Süddeutsche jetzt über [CIA-Agenten, die Panama-Briefkastenfirmen genutzt haben](http://panamapapers.sueddeutsche.de/articles/570ca445a1bb8d3c3495ba2c/), und nennt dabei sogar ein paar Namen. Ein schöner Ausschnitt aus dem Artikel:

Die New York Times, die das Geschäft von Aero Contractors und anderen offengelegt hat, zitiert einen früheren CIA-Agenten mit den Worten: “Wenn die Politik der CIA eine Aufgabe anvertraut, dann meist deswegen, weil das Wort ‘US-Regierung’ eben nicht überall draufstehen soll.”