Eine Spielshow namens Kapitalismus
Lutz Dammbeck hat wieder zugeschlagen und einen neuen Film mit Überlänge gemacht: Overgames. Der Vorgänger Das Netz hatte mich zu einem sehr langen Beitrag inspiriert, diesmal wird es kurz. Ich muss den Film auch noch sacken lassen & mindestens noch einmal gucken. Es gibt übrigens auch ein 41seitiges PDF zum Film.
Der Film erinnerte mich mehrfach an Die Tribute von Panem, was ja auch von einer Spielshow handelt. Und mir fiel Alternativlos Folge 29 ein, wo es um Spieltheorie, den Kalten Krieg und – in diesem Zusammenhang besonders interessant – um Gamification geht. Durch Computerspiele lernen Kinder (und auch Erwachsene), dass es da eine vorgegebene Welt gibt mit Regeln, die es herauszufinden gilt und innerhalb dieser Regeln möglichst erfolgreich zu sein. Die graue Eminenz im Hintergrund, die diese Regeln aufgestellt hat, bleibt dabei diskret im Hintergrund.
Genau das Gleiche bezwecken Spielshows im Fernsehen, wie Dammbecks Film sehr deutlich zeigt. Ein Aspekt kommt mir im Film allerdings zu kurz: bei allen diesen Shows geht es um Geld. Daher rührt auch die Überschrift:
- trainieren die Kandidaten in diesen Shows, sich an die Regeln zu halten,
- um so viel Geld wie möglich zu bekommen.
Damit trainieren sie, sich vollkommen freiwillig der Megamaschine zu unterwerfen. Und genau darum geht es. Je besser das gelingt, um so weniger direkte Gewalt muss das System ausüben. Was Steven Pinker in seinem Buch Gewalt: Eine neue Geschichte der Menschheit beschreibt, läuft also darauf hinaus, dass die Herrschaftstechniken immer ausgefeilter geworden sind. Das verschweigt er allerdings geflissentlich und outet sich damit als eine der grauen Eminenzen im Hintergrund.
Margaret Mead und Gregory Bateson erscheinen mir übrigens zunehmend als zwielichtige Gestalten.
Noch mal zurück zum Kapitalismus als Spielshow: auch wenn die Showmaster immer behaupten, dass alle die gleichen Chancen auf Erfolg haben, sieht das Spiel faktisch eher so aus:
Nachtrag vom 27.04.: Ich sollte wohl noch den Begriff Reeducation erwähnen. Unter diesem Motto versuchten die Alliierten nach dem 2. Weltkrieg, die (West-) Deutschen zu “guten Demokraten” umzuerziehen. Darum geht es im Film auch prominent. Siehe dazu auch den Artikel Die Geburt Europas aus dem Geist der Soziologie, der die Rolle des Soziologen Talcott Parsons dabei hervorhebt.
Nachtrag vom 17.07.: Fefe schreibt über Pokemon Go:
Das Zeitalter, in dem per Gamification Menschen gesteuert werden, für Internet-Punkte Handlungen durchzuführen, ist offiziell eröffnet.
Pokemon Go stammt übrigens von der gleichen Firma, die auch schon Ingress entwickelt hat. Deshalb auch an dieser Stelle noch mal der Verweis auf Jon Rappoport: Updated: the stimulus-response Empire.
Weiterer Nachtrag vom 17.07.: Erfahrungsbericht eines 12jährigen: Ich und kein Handy. Er hat ein ganzes Buch darüber geschrieben.