Die Videoüberwachung der BVG und die DSGVO

Durch das Sonderheft c’t wissen DSGVO wurde ich darauf aufmerksam, dass es im Rahmen der DSGVO auch eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DFA) bei besonders kritischen Vorgängen gibt. Großflächige Videoüberwachung öffentlicher Räume ist ein solcher besonders kritischer Vorgang, und die BVG schafft gerade neue Überwachungskameras mit Ton an (oder vielleicht sind diese sogar schon im Einsatz, das geht aus der Formulierung „Kameras der neueren Generation sind in der Lage, Audiodaten zu übertragen.“ nicht klar hervor).

Daher habe ich am Montag folgende E-Mail an datenschutz@bvg.de geschickt, mit mailbox@datenschutz-berlin.de im CC:

Sehr geehrte Damen und Herren,

haben Sie für die angekündigte Videoüberwachung mit Ton eine Datenschutz-Folgenabschätzung nach Art. 35 DSGVO (https://dsgvo-gesetz.de/art-35-dsgvo/) erstellt, und wenn ja, wo finde ich diese DSFA?

Herzlichen Gruß, Timo Ollech

Gestern kam vom Berliner Datenschutzbeauftragen dazu folgende Vor-Antwort:

Sehr geehrter Herr Ollech,

Ihre an die BVG gerichtete E-Mail vom 11. Februar 2019 haben wir erhalten.

Sollte Ihrem Anliegen nicht entsprochen werden, können Sie sich gern mit einer Eingabe an uns wenden; bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir allein aufgrund der in Kopie erhaltenen E-Mails noch keine Überprüfung des Vorgangs einleiten. Sollten Sie eine Beschwerde einreichen wollen, achten Sie bitte auf deren Vollständigkeit (gegebenenfalls inklusive Kopien von Schriftwechseln o. Ä.) und verwenden Sie nach Möglichkeit unser Beschwerdeformular, das Sie unter

datenschutz-berlin.de/beschwerde.html

abrufen können.

Für Rückfragen stehen wir gern zur Verfügung.

Natürlich habe ich erst mal die Antwort der BVG abgewartet, die heute gekommen ist:

Sehr geehrter Herr Ollech,

für Videoaufzeichnungen bei der BVG existiert eine Datenschutz-Folgeabschätzung nach Art. 35 DSGVO, welche mit der Behörde und dem Polizeipräsidenten abgestimmt ist. Diese Folgeabschätzung ist aus betrieblichen Gründen nicht öffentlich einsehbar. Eine Videoüberwachung mit Ton ist bei der BVG nicht im Einsatz.

Mit freundlichen Grüßen

Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) Vorstandsstab Datenschutz (IPLZ 50010) Holzmarktstraße 15-17 10179 Berlin info-datenschutz@bvg.de

“Aus betrieblichen Gründen nicht öffentlich einsehbar” erinnert mich fatal an “aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht öffentlich einsehbar”…

Nachtrag vom 22.02.: Aha, es geht weiter – auf meine Nachfrage, was denn das für “betriebliche Gründe” sein sollen, kam folgende Antwort:

Sehr geehrter Herr Ollech,

wir sind derzeit auch in anderem Kontext damit befasst, das Thema Veröffentlichung von Datenschutzfolgeabschätzungen grundsätzlich zu bewerten und möchten Sie aus diesem Grund noch um etwas Geduld bitten. Sobald in dieser Frage ein Ergebnis vorliegt, werden wir uns wieder bei Ihnen zurückmelden.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.

Mir ist ja selber nicht ganz klar, inwieweit so eine DFA veröffentlicht werden muss oder eben auch nicht. Ich bleibe dran & halte euch auf dem Laufenden!

Nachtrag vom 20.05.: Für die folgende Antwort haben sie sich jetzt drei Monate Zeit gelassen:

Zu unserer Datenschutzfolgenabschätzung zum Thema Video sind wir im Austausch mit der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit.

Was Ihre Ausführungen angeht: Sie haben womöglich den Eindruck gewonnen, dass der Einsatz von Videotechnik dazu dient, die von der BVG beförderten Fahrgäste rund um die Uhr tatsächlich zu beobachten. Wir können Ihnen versichern, dass dies nicht der Fall ist. Vielmehr werden Aufzeichnungen getätigt, auf die nur in bestimmten Fällen zugegriffen wird: wenn die Polizei aufgrund einer Anzeige die Videodaten anfordert, wenn ein Fahrgast infolge eines Vorfalls um die Sicherung von Videoaufzeichnung bittet und wenn Betriebsvorkommnisse eintreten, deren Analyse erforderlich ist. Die Videotechnik dient kurz gesagt dem Schutz unseres Fahrpersonals, unserer Fahrgäste und sonstigen Nutzer. Hieran hat die BVG ein berechtigtes Interesse, welches rechtlich abgesichert ist: § 20 Berliner Datenschutzgesetz. Diese Aufzeichnung werden in einem Ringspeicherverfahren gespeichert und nach 48 Stunden automatisch überschrieben. Das ist das, was mit den Videoaufzeichnungen passiert.

Es dürfte nachvollziehbar sein, dass Videotechnik Bestandteil unserer Sicherheitskonzepte ist. Es würde dem Zweck eben dieser Sicherheitskonzepte zuwiderlaufen, wenn wir diese offenlegen würden. Wenn Sie sich schon einmal mit dem Inhalt einer Datenschutzfolgenabschätzung befassen, dürfte deutlich werden, das Informationen darin enthalten sind, die die BVG durchaus und völlig berechtigt als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis ansehen darf.

Diese Antwort befriedigt mich nicht, denn es ist die übliche Geheimdienst-Ausrede “wir können nicht mehr verraten, weil das die (nationale) Sicherheit gefährden würde”. Trotzdem werde ich nicht weiter Energie in die Sache stecken, sondern sie auf sich beruhen lassen. Bildet euch selbst euer Urteil darüber und tut damit, was ihr wollt. Die Kontaktadressen findet ihr oben.