Sudbury-Schule Halle/Leipzig

Heute war ich beim Tag der offenen Tür bei der Sudbury-Schule Halle/Leipzig. Das ist momentan die einzige Schule nach dem Sudbury-Modell in Deutschland. Übrigens momentan faktisch eine Aktion Zivilen Ungehorsams, da die Schule bisher nicht offiziell zugelassen ist: Die Eltern haben Bussgeldbescheide bekommen, weil sie ihre Kinder nicht auf eine offizielle Schule schicken. Das find ich echt geil & sehr mutig. Solche Menschen braucht Deutschland in Massen! Dann kommt hier endlich mal was in Bewegung.

Das Sudbury-Konzept kenne ich auch erst seit kurzem, mich erschütterte jedoch, dass die meisten, denen ich von der Schule erzählte, noch nicht einmal Summerhill von Alexander S. Neill kannten. Dabei ist das schon die bekannteste demokratische Schule. Hier ist also noch einiges an Aufklärungsarbeit nötig, was ich hiermit freudig tue.

Die vier Grundlagen des Sudbury-Konzepts sind:

  • Freiheit: Alle Schüler & Schülerinnen sind frei zu entscheiden, was sie in der Zeit tun, die sie in der Schule verbringen, d.h. was sie lernen.
  • Verantwortung: Jeder Schüler & jede Schülerin trägt persönlich gegenüber sich selbst & gegenüber der Schulgemeinschaft die Verantwortung für sein/ihr Handeln & dessen Folgen.
  • Demokratie: Die Schule wird von zwei demokratisch organisierten Gremien geleitet & verwaltet: von der Schulversammlung mit gleichem Sitz & gleicher Stimme für jeden Mitarbeiter & jeden Schüler sowie die Mitgliederversammlung des Trägervereins mit gleichem Sitz & gleicher Stimme für Schüler, Eltern & Mitarbeiter.
  • Rechtsstaatlichkeit: Die Mitgliederversammlung bestimmt die Grundsätze der Schule, die Schulversammlung die Regeln für den Schulalltag & die Prozeduren bei Verstössen. Anzeige, Ermittlungen, Anklage, Prozess & Urteil sind klar voneinander getrennte Bestandteile rechtsstaatlicher Justiz. Angeklagte haben hier das Recht auf Anhörung, Verteidigung & Berufung.

Am aufschlussreichsten fand ich die Rechtsstaatlichkeit, weil hier die freie Kooperation in der Praxis verwirklicht ist: Die SchülerInnen & BegleiterInnen (so nennen sich hier die “LehrerInnen”) verhandeln die Regeln als Freie & Gleiche – auch auf der Metaebene, also wie wird über Regeln verhandelt.
Das nehme ich zum Anlass, die Geschichte zu zitieren, die Christoph Spehr als Aufhänger seines Textes dient:

In einer Hütte lebten drei Bären, zwei große und ein kleiner. Die großen Bären haben alles im Griff und wissen, wo es langgeht; aber der kleine Bär ist uneinsichtig und eigensinnig. Die großen Bären nennen ihn das »Prinzchen«. Wenn die großen Bären ihn rufen, sagt der kleine Bär »Nein« und kommt, sobald es ihm passt. Er will keine Suppe essen, obwohl die gesund ist und gut schmeckt, sondern lieber Schinken. Später, wenn die Suppe längst kalt ist, isst er sie dann plötzlich. Zum Schlafen will er keinen Schlafanzug anziehen und möchte, dass das Licht brennt. Die großen Bären lassen dem kleinen seinen Willen, aber sie sind nicht zufrieden. Sie finden das nicht in Ordnung.
Die großen Bären gehen sich beim Bärentherapeuten Rat holen. (Ohne den kleinen Bär, versteht sich.) Der Therapiebär sagt: »Na, kein Wunder! Ich will euch mal ein Bild malen.« Dann malt er ein Bild, auf dem der kleine Bär eine Krone trägt und die großen Bären vor ihm auf den Knien liegen. »Genauso seid ihr«, sagt der Therapiebär. »Hängt das Bild zu Hause auf, und es wird euch helfen.«
Die großen Bären hängen das Bild zu Hause auf. Als der kleine Bär das nächste Mal sagt: »Ich will jetzt nicht essen kommen!«, sieht der eine große Bär das Bild an und sagt mit fester Stimme: »Prinzchen, du kommst sofort her, oder du gehst ins Bett!« Das schockt den kleinen Bär. Der andere Bär will den kleinen Bär schon fragen, ob er lieber was anderes essen will, da sieht er das Bild an der Wand und sagt: »Basta. Wenn dir das hier nicht schmeckt – ab ins Bett.« Im Bett heult der kleine Bär, weil er das Licht anhaben will. Aber niemand kümmert sich drum. Nach einer Weile bettelt der kleine Bär, dass er wenigstens einen Gutenachtkuss haben will, sonst gar nichts. Den kriegt er dann. Die großen Bären sind jetzt wieder sehr zärtlich und freundlich. Die großen Bären sehen auf das Bild an der Wand, und sie sehen, wie sich das magische Bild des Therapiebärs langsam verändert: Die Krone des kleinen Bären verschwindet, und die großen Bären richten sich auf. Es sieht fast so aus, als ob der kleine Bär lächelt.
So ist es gut!

Diese Geschichte, entnommen dem Kindermagazin »Hoppla« des Weltbild Verlags, ist ein typisches Stück demokratischer Propaganda. Sie zeigt alle Muster und das ganze Grauen dieser Propaganda, wie sie heute auf allen Gebieten üblich ist. Typisch sind, erstens, die Fragen, die nicht gestellt werden: Woher nehmen die alten Bären das Recht, dem kleinen Bären zu sagen, wann er ins Bett zu gehen hat und ob er dabei Licht braucht? Wieso werden sie dadurch zu seinen Untertanen, dass er beim Essen persönliche Geschmacksvorlieben hat? Wem schadet er, weil er seine Suppe nicht essen will und wieso freuen sie sich nicht, wenn er sie später doch essen will? Wer stellt mehr Zumutungen an den anderen: der kleine Bär, dessen Zumutungen immer auffallen, oder die alten Bären und ihre Welt, die unzählige Regeln, Forderungen, Normen umfasst und eine einzige, gewaltige, polypenhafte Zumutung an den kleinen Bären ausspricht: sich einzufügen und sie zu akzeptieren, wie sie ist? Wieso wird ein Unterschied zwischen diesen Zumutungen gemacht, je nachdem, in welche Richtung sie gestellt werden; womit wird dieser Unterschied begründet oder gerechtfertigt? Wer hat eigentlich wirklich die Macht: der kleine Bär, der in eine Welt nachkommt, die ihm von anderen vorgesetzt wird, oder die alten Bären, denen diese Welt gehört, die darüber verfügen, die sich selber Essen machen können und die keine Angst im Dunkeln haben? Was bedeutet das für die Situation des Konflikts?
Typisch ist, zweitens, dass soziale Kooperation nur als eine Form vorstellbar ist, wo jemand das Sagen hat. Irgendwer muss das Sagen haben und jemand anders nicht; das gilt als »Klarheit« und schafft »Ordnung« und »Orientierung« für alle. Irgendwer hat immer die Krone auf, entweder der kleine Bär, wo man sie sehen kann, oder die großen Bären, wo man sie nicht sehen kann, denn die großen Bären haben ja einfach Recht. Konflikt ist schlecht, Streit ist schlecht, Nicht-zur-Entscheidung-Kommen ist schlecht: Es gilt als Indiz dafür, dass etwas nicht in Ordnung ist. Natürlich haben gemäß der demokratischen Propaganda nicht Personen das Sagen, sondern Prinzipien, Regeln, Diskurse, Formen der Entscheidungsfindung. Aber wer keine solchen Entscheidungen über sich »finden« lassen will, ist der Feind.
Typisch sind, drittens, die Formen der Denunziation: der Feind, der Aufmüpfige, der Regelverletzer, der Uneinsichtige und mit Gewalt zur Ordnung zu Rufende wird als Monarch dargestellt. Seine fehlende Unterordnung wird als Willkürherrschaft eines absolutistischen Fürsten porträtiert. Seine Weigerung, nach den für ihn vorgesehenen Normen zu arbeiten, zu leisten, zu funktionieren, wird als Schmarotzertum, Faulheit, Verweichlichung, Luxussucht gebrandmarkt – alles Vorwürfe, die wir mit der Lebenshaltung von Adeligen und Fürsten assoziieren. Dies ist die normale Form der Denunziation im demokratischen Zeitalter, egal, ob es um die Ansprüche von Kindern, von Sozialhilfe beziehenden Müttern, von armen Nationen oder wem auch immer geht. Die in der sozialen Hierarchie Untenstehenden werden als hochnäsige Müßiggänger im Hermelinpelz gezeichnet, als die eigentlich Dominanten, die heimlichen Fürsten.
Typisch ist, viertens, was als selbstverständlich vorausgesetzt wird: dass Macht, wenn sie in Übereinstimmung mit den herrschenden gesellschaftlichen Ordnungsvorstellungen ausgeübt wird, auch Recht ist, und gleichzeitig, dass sie gar keine Macht ist. Dies klingt absurd, ist jedoch gang und gäbe und Herzstück demokratischer Propaganda. Eigentum, Verfügungsgewalt, physische und strukturelle Gewalt, Zugang zu den Ebenen, auf denen die Normen gesetzt und die Regeln verhandelt werden, alles, was einen alten, dicken Bär von einem kleinen Bär unterscheidet: Es ist so selbstverständlich, dass es unsichtbar wird.
Wieso gehört den alten Bären das Haus? Weil sie darin geboren sind? Weil sie es gebaut oder gekauft haben, als der kleine Bär noch gar keine Chance hatte, ein Haus zu bauen oder zu kaufen? Wieso entscheiden sie, wann das Essen gegessen wird? Weil sie es gekocht haben? Müssten dann nicht die darüber entscheiden, die die Nahrungsmittel dafür angebaut haben? Oder die, von denen diese wiederum den Samen dafür gekauft haben? Oder die, die diese Säcke mit Samen zu ihnen hingeschleppt haben? Oder die, die den Sackschleppern ihr Essen gekocht haben? Was unterscheidet die einen in der Kette von den anderen? Wieso dürfen die alten Bären den kleinen Bär zu etwas zwingen? Wer gibt ihnen das Recht, zu wissen, was für den kleinen Bären gut ist? Ist es nicht ein Skandal, dass sie ihm gegenüber derart im Vorsprung sind?
Wenn jemand danach fragt, heißt es, es gibt Formen der demokratischen Entscheidungsfindung, die setzen das so fest, wer was darf. Wenn jemand weiter fragt, heißt es, gut, natürlich wird nicht über alles so entschieden, und es kann nicht jede Entscheidung dabei herauskommen. Es gibt auch noch die Vernunft, das Recht, den Schutz, die Notwendigkeit, das Herkommen, den normalen Menschenverstand und so weiter; und hinten jeden dieser Begriffe ließe sich in Klammern einsetzen: »derjenigen, die Macht haben«. Wenn jemand darüber klagt, über diese Macht, heißt es: Es ist keine. Wir halten uns nicht weiter mit der Absurdität unserer Haltung auf. Wir haben unsere Therapiebären dafür, die das schmutzige Geschäft des ideologischen Reinwaschens für uns erledigen: Philosophieprofessoren, Politikwissenschaftler, Lehrer, Nachbarn, Stammtischpolitiker, Männerfreundschaften, Illustrierte. Alle Arten von Therapiebären, die wir bezahlen und beauftragen oder die sich aus innerem Antrieb berufen fühlen. Die Therapiebären helfen uns dabei, uns gegen die Ansprüche anderer emotional abzuschotten und das miese Gefühl niederzukämpfen, wenn wir Gewalt anwenden, um andere Bären hungrig im Dunkeln schlafen zu lassen.
Demokratische Propaganda heißt, Herrschaftspropaganda im demokratischen Zeitalter. Im demokratischen Zeitalter, unserem Zeitalter, das in etwa mit den revolutionären Erschütterungen zu Anfang des 20. Jahrhunderts beginnt und bis heute andauert, verliert Herrschaft im vordemokratischen Stil ihre Akzeptanz. In früheren Zeiten untermauerten herrschende Gruppen ihren Anspruch, das Kommando zu haben, gerade mit ihrer Andersartigkeit, ihrer Ungleichheit mit den Beherrschten. Die herrschenden Gruppen behaupteten, sie seien von Natur aus zum Herrschen bestellt. Sie seien von Natur aus dazu befähigt, Gott näher, der Vernunft näher, der Zivilisation näher oder wem auch immer zu sein. Sie seien der Kopf, die andern die Organe. Mit solchen Argumenten rechtfertigte sich in vordemokratischen Zeiten die Herrschaft von Königen und Adel über das Volk, von Männern über Frauen, von Weißen über Nicht-Weiße, von Reichen über Arme, von Wirtschaftseliten über die, welche nur ihre Arbeitskraft besaßen. Im demokratischen Zeitalter ändert sich das. Rechtfertigungen dieses Stils werden auf Dauer nicht mehr hingenommen. Damit verschwindet Herrschaft nicht, aber sie verändert sich; und sie stellt sich auch anders dar. Im demokratischen Zeitalter betonen Herrschende und Privilegierte unermüdlich, wie gleich sie den andern seien: kein gottgleicher Über-Bär, sondern Bär unter Bären. Sie prahlen nicht mehr mit ihrer Herrschaft, sondern behaupten, es gebe keine mehr. Und wenn die großen, alten Bären die kleinen zurechtstutzen, dann herrschen sie nicht, sondern setzen nur die Regeln durch, die für alle gelten. Eigentlich handeln sie in Notwehr; sie sind es, die sich gegen die Regelverletzer zur Wehr setzen müssen.
Wir leben in einer Welt, die von alten Bären gemacht und beherrscht wird. Die Geschichte von den drei Bären hätte so in West und Ost erzählt werden können, im demokratischen Kapitalismus wie im realexistierenden Sozialismus. Sie wird erzählt in Schulen und Parlamenten, in Fabriken und Büros, in Familien und Beziehungen; sie rechtfertigt Dominanz zwischen Geschlechtern, ethnischen Gruppen, sozialen und ökonomischen Gruppen und zwischen Nationalgesellschaften. Man erzählt sie, bevor man ein Land militärisch angreift, bevor man Sozialleistungen streicht, bevor man jemand ein blaues Auge schlägt. Es steht heute ein großes Repertoire an Variantenbären zur Verfügung. Selbstgefällige Bären, frustrierte Bären, schulmeisternde Bären, locker scherzende Bären. Heiße und kalte. Aber das Muster bleibt gleich. Nein, wir nehmen uns nicht mehr heraus als die anderen, Gott behüte. Wir verhelfen nur den Regeln zur Geltung, die für alle gelten.

In der Sudbury-Schule Halle/Leipzig gelten nur die Regeln, die explizit von der Schulversammlung aufgestellt & schriftlich niedergelegt wurden. Nichts ist selbstverständlich. Auf diese Weise werden unzählige implizite, nicht ausgesprochene Regeln entlarvt, die (den Erwachsenen!) im Kopf herumspuken. Weil sie es “so gelernt haben”. Oder “weil wir das schon immer so gemacht haben”. Pustekuchen! Über jede Regel wird verhandelt – unter Freien & Gleichen.
Boah, ist das geil!!!!!!!

Übrigens habe ich Michail Bakunin, der hauptsächlich meinen Weg zum Anarchismus geprägt hat, inzwischen echt gefressen. In seinem Buch Gott und der Staat schreibt er nämlich:

Das Autoritätsprinzip bildet bei der Kindererziehung den natürlichen Ausgangspunkt; es ist rechtmäßig, notwendig, wenn es auf Kinder in niedrigem Alter angewendet wird, deren Intelligenz noch in keiner Weise entwickelt ist. Da aber die Entwicklung jeder Sache, folglich auch die der Erziehung, die allmähliche Verneinung des Ausgangspunktes bildet, muß sich das Autoritätsprinzip gradweise mit dem Fortschritt der Erziehung und des Unterrichts der Kinder vermindern und ihrer wachsenden Freiheit Platz machen. Jede vernünftige Erziehung ist im Grunde nichts anderes als diese fortschreitende Opferung der Autorität zum Nutzen der Freiheit, da der Endzweck der Erziehung kein anderer sein soll als der, Menschen zu bilden, die frei sind und die Freiheit anderer achten und lieben. So muß der erste Schultag, wenn die Schule Kinder niedrigen Alters aufnimmt, die kaum einige Worte zu stammeln vermögen, der Tag der größten Autorität und beinahe vollständiger Abwesenheit der Freiheit sein, der letzte Schultag aber der der größten Freiheit und der absoluten Beseitigung jeder Spur des tierischen oder göttlichen Prinzips der Autorität.

Ätzend!! Diese bodenlose Überheblichkeit! Als seien (Schul-) Kinder noch keine Menschen!
Da halte ich noch mal den Artikel Subjekt Kind gegen, den ich während des Ökodorf-Festivals gelesen habe.

Stefan Fuchs (Geschäftsführer der staffadvance GmbH) hielt einen Vortrag “Überlegungen zu Sudbury aus der Perspektive der Wirtschaft”. Darin erwähnte er den Sudbury Business Club, ein Netzwerk von Unternehmern, die das Sudbury-Modell unterstützen.
Inhaltlich nannte er zum einen den Trend bei der Personalauswahl, dass Abschlüsse & Zeugnisse zunehmend an Bedeutung verlieren. Neue MitarbeiterInnen wachsen über längere Zeit in den Betrieb hinein - wer kann schon anhand eines Zeugnisses beurteilen, ob dieser Mensch gut in den Betrieb passt oder nicht? Genauso wenig kann einE BewerberIn beurteilen, ob diese Stelle in diesem Unternehmen das Richtige ist, ohne dort einige Wochen bis Monate gearbeitet zu haben.
Weiterhin werden (in den Augen der Personaler!) Fähigkeiten immer wichtiger, die sich nicht in Noten ausdrücken lassen. Soziale Kompetenz, “Teamfähigkeit” oder “soft skills” lauten die Schlagworte.
Gerade Unternehmer bemängeln die Qualität der Schulbildung in Deutschland. Vor allem bei persönlichen & sozialen Kompetenzen erleben sie starke Defizite. Hier stellt Stefan Fuchs stellvertretend die Frage: Tun wir die Dinge richtig – oder tun wir die richtigen Dinge? Wenn wir die falschen Dinge tun, ist eine radikale Kurskorrektur notwendig, blosses Herumdoktern an den Symptomen/mehr desselben (der Versuch, die Dinge die wir zur Zeit tun, besser zu tun, anstatt gleich die richtigen Dinge zu tun) reicht nicht aus.
Wesentliche Änderungen hat es auch bei der Mitarbeiterführung gegeben. Fuchs unterscheidet zwischen dem autoritären Führungsstil:

  1. Führungskraft bewertet Untergebene
  2. & zwar nur von oben nach unten
  3. bei Problemen: Suche nach Schuldigen
  4. Schwächen beheben

& dem kooperativen Führungsstil:

  1. Führungskräfte geben Feedback, übernehmen Funktion des Coach
  2. Feedback in beide Richtungen
  3. bei Problemen: aus Fehlern lernen, es das nächste Mal besser zu machen
  4. Stärken fördern

Der kooperative Führungsstil überwiegt inzwischen in Unternehmen (an dieser Stelle muss ich unbedingt auf das Business Reframing von Wolfgang Berger verweisen, der sogar noch radikaler ist), & es ist klar, welche Art von Schulen an welchen Führungsstil angepasst ist.
Bei der Personalentwicklung kommt es zunehmend darauf an, wie MitarbeiterInnen Verhandlungen führen, wie sie mit Kunden oder auch anderen Abteilungen umgehen.
Zum Thema Motivation sagt übrigens Reinhard Sprenger: andere zu etwas motivieren, das die nicht von vornherein selber wollen, funktioniert nicht. Intrinsische Motivation heisst das Zauberwort, & wenn Menschen aus sich selbst heraus handeln, stellt sich leicht ein Flow-Erlebnis ein. In Sudbury-Schulen passiert das sehr häufig. ^^
Aus all diesen Gründen erlebt Stefan Fuchs häufig grossen Respekt von Unternehmern der Sudbury-Schule gegenüber. Ein Grund für alle, die daran mitarbeiten, stolz auf ihre Schule zu sein! Als letzten Punkt nannte Fuchs den Übergang zur Wissensgesellschaft, der hierzulande schon weitestgehend vollzogen ist. Allerdings steckt unser Denken noch in der Industriegesellschaft, was sich in eng vorgegebenen Lehrplänen, streng nach Fächern getrenntem Unterricht oder auch den klar umrissenen Berufsbildern in Ausbildungsordnungen äussert.
All diese Strukturen gibt es in Sudbury-Schulen nicht. Dafür werden die SchülerInnen dort optimal auf Lebenslanges Lernen vorbereitet.
Aus all diesen Beobachtungen fordert Stefan Fuchs (& mit ihm viele andere UnternehmerInnen) einen Paradigmenwechsel in der Bildung. Es gilt, die drei Fragen

  • Warum lernen wir etwas?
  • Was lernen wir?
  • Wie lernen wir das?

kritisch & unerschrocken zu stellen.

Die Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer (ASU) fordert in ihrer Studie Wettbewerb und Privatisierung im Bildungswesen, dass der Staat sein Bildungsmonopol abgibt. An sich unterstütze ich das, allerdings heisst das in Zeiten des Neoliberalismus Privatisierung (siehe GATS), & so verbindet auch die ASU ihre Forderung mit Studiengebühren & Schulgebühren.
Auch solche Gebühren kann ich grundsätzlich gut heissen, allerdings nur wenn die grossen sozial-ökonomischen Unterschiede zwischen den Menschen stark nivelliert werden. Freie Kooperation zwischen Kindern von ALG II-EmpfängerInnen & Millionärs-Söhnen & -Töchtern ist nicht möglich in einem privatisierten Bildungsmarkt. Es muss also noch ein Mechanismus her wie ein Grundeinkommen, kombiniert mit grosszügigen Stipendienprogrammen. Erst unter dieser Voraussetzung kann ich die Forderung der ASU unterstützen. Dann allerdings kann ein Wettbewerb zwischen Bildungsträgern wahre Wunder wirken. Wie die Regeln eines Marktes beschaffen sind, darüber kann ja auch verhandelt werden. & wer sagt, dass die Teilnehmer eines Marktes immer die Profitmaximierung zum Ziel haben müssen?

Ein Hinweis: Der tologo verlag, der auch Bücher über Sudbury veröffentlicht, sucht AutorInnen!

Zum Abschluss noch ein Haufen Links zum Thema Kinderrechte: