Nicht revolutionär genug?
Im Moment weiss ich gar nicht, ob ich tatsächlich ein Unternehmen gründen oder nicht doch lieber soziale Revolution machen will. Akut deshalb, weil mir der Blick von oben auf den tanzenden Kongress bewusst macht, dass dort unten keinE einzigeR Hartz IV-EmpfängerIn tanzt. “Der singende, tanzende Abschaum der Welt”, wie Tyler Durden sagt, bleibt ausgeblendet im Hintergrund. Die Frage wer wird wo ausgeschlossen aus dem Wirtschaftsleben & anderen gesellschaftlichen Kontexten (im Fall der Psychatrie ist das Aus-Schliessen wörtlich zu nehmen) geht mir verstärkt nach hier auf diesem Kongress. Sie selbst wird nämlich auch meist ausgeblendet (zur Ehrenrettung des Kongresses: hier weniger als anderswo). Als Unternehmer betreibe ich ein Geschäft, das irgendetwas verkauft, seien es Dienstleistungen oder Produkte. Im heutigen System wird es immer eine ganze Menge von Menschen geben, die sich dieses schlicht & ergreifend nicht leisten können obwohl sie’s eigentlich gerne hätten. Das muss ich in Kauf nehmen, wenn ich ein herkömmliches Wirtschaftsunternehmen betreibe, welches einen Ertrag abwerfen soll. Selbst wenn ich nur kostendeckend arbeiten wollte, müsste ich Menschen von meinen Leistungen ausschliessen. Will ich das?
Eine offene Frage im Moment. Frithjof Bergmann mit seiner Neuen Arbeit hat in dieser Hinsicht mein Weltbild ganz schön ins Wanken gebracht; für ihn ist unser System von Unternehmen, die Menschen als Lohn- oder Gehaltsabhängige beschäftigen, ein Auslaufmodell. Irgendwo ganz hinten in meinem Bewusstsein war mir das vorher auch schon klar gewesen; jetzt habe ich es unwiderbringlich auf dem Schirm & es beeinflusst meine Vision in Sachen Turnschuhe.
Ist es revolutionär genug, ein Unternehmen in der Art aufzuziehen wie ich es in meinem Konzept skizziere? Oder verweile ich damit nicht doch bloss in einem zum Sterben verurteilten System? Mir geht es ja gar nicht darum, auf Teufel komm raus was Neues & Revolutionäres zu schaffen. Es soll aber nachhaltig sein bzw. lange Zeit überdauern, & das ist in unserer Zeit des Umbruchs gar nicht so leicht. Lineare Fortschreibungen des Bestehenden sind in jedem Fall zum Scheitern verurteilt.
Auf jeden Fall werde ich mich intensiver mit der Neuen Arbeit & Neuen Kultur beschäftigen - da steckt einiges drin. Eine Welt, in der alle Menschen das tun können was sie wirklich wirklich wollen & dafür auch die nötigen Ressourcen bekommen, ist genau auch mein Traum. Wie das organisieren? Wie das bestehende System dahingehend verwandeln, & zwar ich persönlich als zunächst einzelner Mensch? Ich kann & will nicht warten, bis Bernard Lietaer & Co. unser Geldsystem dahingehend ergänzt haben, dass nachhaltiges Wirtschaften (wieder!) lohnend wird. Im Moment suche ich danach, wie ich persönlich, Timo Ollech, mich hier & heute am effektivsten für diesen Traum, diese Vision einsetzen kann.
Ich will ganz vorne dabei sein, in der ersten, nicht in der zweiten Reihe & schon gar nicht noch weiter hinten. Mein Bestes geben & dabei niemandem etwas von mir vorenthalten. Das erwartet mein Heimatplanet von mir.
Klick Grad wird mir ein Zusammenhang klar: Für meinen Vater bin ich nämlich Abschaum. Also auch deshalb fühle ich mich den Verdammten dieser Erde so verbunden. Mich erfüllt das Abschaum-Sein nicht mit Trotz, sondern ich bin stolz darauf. Stolz darauf, als Abschaum betrachtet zu werden & zu wissen, dass ich absolut wichtig für das Ganze bin. Nur eben anders als der Mainstream, als die Arrivierten, die gesellschaftliche Norm(alität), die doch so oft nur der viel grössere Wahnsinn ist. Non, je ne regrette rien.
Zum Abschluss noch mal Fight Club:
Ihr macht Jagd auf die Leute, auf die ihr angewiesen seid. Wir kochen eure Mahlzeiten, fahren eure Krankenwagen, stellen eure Anrufe durch, holen euren Müll ab. Wir bewachen euch, während ihr schlaft. Versuch nicht, uns zu verarschen!
& das ist noch der privilegierte Abschaum, diejenigen für die die 20:80-Gesellschaft noch eine Verwendung hat. Die Weichen für die Zukunft stellen die Unbrauchbaren, die “industrielle Reservearmee”, wie Karl Marx sie schon nannte. Das alles sind Menschen mit einem tief verborgenen Traum; etwas das sie wirklich wirklich wollen, scheiss drauf was das Jobsystem dazu sagt, ob es brauchbar ist für die kapitalistische Verwertungslogik. Wer nichts mehr zu verlieren hat, kann sich seine Maßstäbe selber setzen. Mit diesen Menschen werde ich an der neuen Welt bauen.